
Früheste Musiktradition in Südwestdeutschland nachgewiesen
Forscher der Universität Tübingen berichten in der Zeitschrift Nature: Ausgrabungen von Archäologen um den Tübinger Urgeschichtler Prof. Nicholas Conard haben im Sommer 2008 an den Fundstellen Hohle Fels und Vogelherd in Form einer nahezu vollständigen Knochenflöte und einzelner Fragmente dreier Elfenbeinflöten neue Belege für Musik im Paläolithikum geliefert.
Der bedeutendste dieser Funde, eine fast vollständige Knochenflöte, wurde in der untersten Schicht des sogenannten Aurignacien, der ältesten mit dem modernen Menschen in Verbindung gebrachten Kultur in Europa, im Hohle Fels im Achtal, 20 km westlich von Ulm, entdeckt. Die Flöte wurde in zwölf Bruchstücken geborgen, die in einem kleinen Bereich von vertikal 3 cm und horizontal von 10 cm auf 20 cm gefunden wurden. Diese Flöte ist das bei weitem vollständigste aller bisher in den Schwäbischen Höhlen entdeckten Musikinstrumente.

Die Flöte ist aus der Speiche eines Gänsegeiers (Gyps fulvus) gefertigt. Diese Art hat eine Spannweite zwischen 230 und 265 cm und liefert Knochen, die für lange Flöten ideal geeignet sind. Gänsegeier und andere Geier sind in den jungpaläolithischen Sedimenten der schwäbischen Höhlen nachgewiesen.
Die Ausgrabungen des Jahres 2008 erbrachten im Hohle Fels außerdem zwei kleine Bruchstücke, die nahezu sicher zu zwei Elfenbeinflöten aus dem frühesten Aurignacien gehören. Die unterschiedlichen Abmessungen der Fragmente zeigen, dass die beiden Funde nicht zu demselben Instrument gehören. Die Ausgräber am Vogelherd im Lonetal, 25 km nordwestlich von Ulm, haben ein weiteres einzelnes Bruchstück einer weiteren Elfenbeinflöte entdeckt.
Die Technik zur Herstellung einer Elfenbeinflöte ist wesentlich komplizierter, als es bei einer Flöte aus einem Vogelknochen der Fall ist. Der Herstellungsprozess erfordert es, zunächst grob die Form entlang der Längsachse des von Natur aus gebogenen Elfenbeinstücks herauszuarbeiten. Diese Rohform muss dann der Länge nach entlang der Schichtung des Elfenbeins in zwei Hälften gespalten, beide Hälften müssen sorgfältig ausgehöhlt werden. Nach dem Schnitzen der Grifflöcher müssen die Hälften wieder zusammengefügt und luftdicht versiegelt werden. Berücksichtigt man die Tendenz empfindlicher Elfenbeinartefakte, in zahlreiche Fragmente zu zerfallen, so ist es nicht ungewöhnlich, nur einzelne Stücke solcher Musikinstrumente aufzufinden.

Die neuen Funde machen deutlich, dass Musik eine bedeutende Rolle im Leben der Aurignacienmenschen im Ach- und Lonetal in Südwestdeutschland gespielt hat. Die meisten der Flöten stammen aus archäologischen Kontexten mit einer großen Zahl an Steinartefakten, Werkzeugen aus organischen Materialien, Jagdfauna und verbrannten Knochen. Dieser Befund lässt darauf schließen, dass die Bewohner der Plätze in verschiedenen sozialen und kulturellen Zusammenhängen auf Musikinstrumenten spielten und dass die Flöten mit vielerlei anderem Siedlungsabfall fortgeworfen wurden. Im Falle des Hohle Fels lässt die Lage der Knochenflöte innerhalb eines dünnen archäologischen Horizontes in nur 70 cm Entfernung von der vor kurzem publizierten Frauenfigur vergleichbaren Alters, der sogenannten “Venus vom Hohle Fels”, vermuten, dass vielleicht ein Zusammenhang zwischen beiden Fundstücken existiert.

Die Flöten aus den Höhlen der Schwäbischen Alb gehören zu den Hauptexponaten einer großen Landesausstellung in Stuttgart mit dem Titel ‘Eiszeit – Kunst und Kultur’, die vom 18. September 2009 bis zum 10. Januar 2010 gezeigt werden wird.
Für Nachfragen:
Prof. Nicholas J. Conard Ph.D.
Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie
Institut für Ur-und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
Universität Tübingen, Schloss Hohentübingen, 72070 Tübingen
nicholas.conard[at]uni-tuebingen.de
Quelle: idw
Prof. Nicholas J. Conard Ph.D.
Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie
Institut für Ur-und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
Universität Tübingen, Schloss Hohentübingen, 72070 Tübingen
nicholas.conard[at]uni-tuebingen.de
Quelle: idw
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From Times Online, June 24, 2009
By Hannah Devlin
An ancient flute has been unearthed in Germany, revealing that musical traditions began earlier than previously thought.
The bone instrument, which is almost completely intact, has been dated to around 33,000BC — more than 5,000 years older than the earliest musical instruments on record.
Fragments of three ivory flutes were discovered at the same site, the Hohle Fels cave, near the city of Ulm.
The caves would have been occupied by Stone Age hunter-gatherers who subsisted on a diet of horse and reindeer meats, fruits and berries.
The flute, which is carved from the wing bone of a vulture, is around 20cm in length and 1cm in diameter. It has five finger holes and features V-shaped carved notches that would have acted as the mouthpiece.

The flute would have had a similar, possibly greater, range of notes to the modern flute, according to scientists writing today in the journal Nature. It would been held vertically, like a modern recorder, but instead of blowing directly into it, the musician would have blown obliquely across the open top of the instrument.
“It would have been something like playing a beer bottle,” said Nicholas Conard, an archaeologist at the University of Tübingen, who led the study.
“It would have been something like playing a beer bottle,” said Nicholas Conard, an archaeologist at the University of Tübingen, who led the study.
A reconstruction of the flute revealed that its first three notes correspond roughly to the opening notes of Star Spangled Banner.
Only small fragments of the three ivory instruments were recovered, but their discovery is significant because the technology required to make ivory flutes is much more advanced. The flutes would have been constructed in two halves, which were whittled down, polished and then joined together with an airtight seal.
Cave drawings and figurines, dated from around the same period, had been found previously at the site. The latest discovery suggests that music as well as visual art was an important part of cultural life for Palaeolithic tribes.

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