Mittwoch, 25. Februar 2015

I. Schönheit ist die Teilhabe der Dinge am Ganzen.

griechisch, geometrische Periode                                                                                                                       aus Über Ästhetik, Rohentwurf, 19.

Schönheit wäre, nach Plotin-Platon, die Teilhabe der Dinge am All-Einen, méthexis; Grade der Schönheit = Grade der Teilhabe. Renaissance (Marsilio Ficino; Leone Ebreo); Klassik! 

Ein Ding ästhetisch betrachten: es so betrachten, daß hinter seiner so-und-so-Bestimmtheit sein 'Anteil' an der unendlich-zu-bestimmenden-Unbestimmtheit ersichtlich wird; immerhin für die, die sehen können. Daher der Appell-Charakter des Schönen (vgl. Ficino: kálos von káleo, ich rufe an): es fordert zu (weiterem, aber endlosen) Bestimmen heraus. - Und das nennt man poetisch. 


Moderne, Romantik: Eine Zeit, die sich das All-Eine nicht länger als heil (=harmonisch) vorstellen kann, sondern nur noch zerrissen, als sinnloses, disparates Chaos, wird die 'Teilhabe' der Dinge daran nicht länger schön nennen wollen! Und eben diese Sicht der Dinge und der Welt wird von nun an „die ästhetische“ (die poetische) sein.



Nota. - Für Odo Marquard - im Gefolge von Joachim Ritter - stellt das machtvolle Aufkommen des Ästhetischen in der Neu- zeit eine Kompensation dar für die verlorene Teilhabe am Ganzen, den die Säkularisierung mit sich gebracht habe. Das hätte Sinn, wenn das Ästhetische positiv als eine Füllung und Erfüllung aufgefasst werden könnte: Teilhabe am kosmischen Ein- klang. Das Schöne trägt aber seit seinem Neuauftritt in der Renaissance zunehmend das Signet des ewig Unerfüllten, des Mangels an sich: Eros strebt nach dem Schönen, weil er es nicht hat. Teilhabe an universeller Disharmonie: Es wird immer mehr zu einem Lösungsmittel, das den Verlust des Ganzen reizvoll scheinen lässt. - Kunst entzweit den Menschen, sagt Schiller.
25. 2. 15


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