Montag, 10. August 2015

Wird Google das Kunsterleben revolutionieren?

Höhle von Chauvet


Google hat das Kunsterleben längst revolutioniert. Ich bin seit vielleicht acht Jahren im Internet. Seither habe ich so viele Werke der bildenden Kunst gesehen, wie sie in der Generation vor mir ein öffentlich beamteter Kunsthistoriker sein Leben lang nicht zu Gesicht bekommen hat. Gewiss, er konnte (wenn überhaupt!) die Originale an dem Platz sehen, wo sie eben mal hängen. Ich kenne nur Reproduktionen. Aber Google lehrt uns unter anderm dies: Das ist nicht in jedem Fall ein Nachteil, ich kann an die Bilder so nah heran, wie es der Museumswärter nie erlauben würde; und kann so lange davor verweilen und so oft wiederkehren, wie es mir eben gefällt. Ich kann die Bilder beleuchten und die Farben so auffrischen, wie es mir ästhetisch am besten scheint und dem Original vielleicht am gerechtesten wird - das kann ich im Museum nicht.

Emile Bernard La moisson d'un champ de blé.

Und ich kann das alles als bloßer dilettante. Bei den paar Originalen, die ich vor Googles Zeit hätte sehen können, wäre das ein uneinholbarer Rückstand gewesen. Seit Google kann das - nur im Detail oder womöglich selbst en gros? - sogar ein Vorteil sein: Meine Augen sind noch ziemlich jungfräulich, sie kennen nur das kleine Bisschen, das ich ihnen gezeigt habe; nicht das viele Bedeutende, das ihnen ein fachgerechter Lehrplan vorgeführt haben würde.

Und so sehen sie viel mehr, als in einem akademischen Kanon je vorkommen konnte. Das genauer Hinsehen müssen sie noch üben, aber nichts hält sie davon ab.


28. 4. 14

Turner, Sturm über dem Rigi





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