Paul Ingendaay berichtet in der FAZ vom 23. Mai über die Ausstellung im Prado von 73 der fast 500 Ölskizzen, die Rubens im Lauf seines Lebens angefertigt hat. Rund 1400 Ölgemälde sind erhalten, die von ihm signiert, aber zum größten Teil von seiner Werstatt angefertigt wurden. Dort waren bis zu zwanzig Assistenten tätig, unter ihnen zeitweilig Anthonis van Dyck.
... Vorstudien zu
Gemälden wurden in Bleistift und Kohle angefertigt, bis Tintoretto,
Caravaggio und Beccafumi im sechzehnten Jahrhundert auch Ölskizzen
malten: Aus dem disegno wurde ein bozzetto. Rubens
studierte diese Werke nicht nur, sondern sammelte, kopierte und
überarbeitete sie: Mit Hilfe seiner Vorbilder entwickelte er die eigenen
ästhetischen Vorstellungen. Dass er selbst immer häufiger gleich in Öl
skizzierte und die Grenzen zum Auftragswerk verwischte, dürfte an der
Überfülle seiner Einfälle und der Leichtigkeit seines Pinsels gelegen
haben.
Skizze zu Löwenjagd, um 1615
Löwenjagd 1621
Der Reiz der Ausstellung im Prado liegt in der Aura des Unfertigen, Spontanen, soeben erst Gemachten. Dabei variiert der Grad der Unabgeschlossenheit stark. Die Skizzen zur „Löwenjagd“ (das fertige Ölbild hängt in der Alten Pinakothek) sind nahezu monochrom, mit breiter, Streifen hinterlassender Pinselgrundierung, mit hellen Brauntönen und Akzenten von Weiß. Das erinnert eher an eine Goya-Radierung als an ein großformatiges Barockgemälde. ...
Löwenjagd 1621
Der Reiz der Ausstellung im Prado liegt in der Aura des Unfertigen, Spontanen, soeben erst Gemachten. Dabei variiert der Grad der Unabgeschlossenheit stark. Die Skizzen zur „Löwenjagd“ (das fertige Ölbild hängt in der Alten Pinakothek) sind nahezu monochrom, mit breiter, Streifen hinterlassender Pinselgrundierung, mit hellen Brauntönen und Akzenten von Weiß. Das erinnert eher an eine Goya-Radierung als an ein großformatiges Barockgemälde. ...
Jan Cossiers, Prometheus bringt das Feuer, 1637. Cossier war ein Mitarbeiter von Rubens und galt nach dessen Tod als sein Nachfolger
... Skizzen dienten meistens dem Auftraggeber, der sich ein Bild von den Einfällen des Künstlers machen wollte, bevor er sich festlegte, oft aber auch den Mitarbeitern im Atelier, die große Flächen auszumalen hatten und genaue Instruktionen brauchten. Zu anderen Gelegenheiten scheint Rubens die Ölskizze nur für sich selbst gemalt zu haben. Fest steht jedenfalls: Er wusste, was er tat, und er war stolz darauf. Die Ölskizze einer detailreichen, farbintensiven „Beschneidung“ (um 1605) etwa existiert neben einer kleinen, in Planquadrate aufgeteilten Bleistiftskizze derselben Szene, die als Vorlage für die Auftragsarbeit für eine Jesuitenkirche in Genua diente.
Skizze zu Die Beschneidung Christi um 1605. Auch hierzu scheint es keine Ausfertigung auf Leinwand zu geben
Vielleicht hat Rubens die Ölskizze erst nach Abschluss des Auftrags und zur Erinnerung an ein von ihm selbst geschätztes Werk gemalt. Dafür spricht, dass er sich nie davon getrennt hat. Im Fall der Ölskizze „Der wunderbare Fischzug“ (um 1610) mit ihren erdigen Braun- und Blautönen und ihren muskelbepackten Fischern, deren Anatomie auf Rubens’ Studien der italienischen Jahre zurückgeht, gibt es überhaupt kein großes Ölbild dazu. Die Komposition der knapp 50 mal 40 Zentimeter großen Tafel lebt aber in einem Stich von Pieter Soutman fort, der um 1620 in Rubens’ Werkstatt arbeitete und dessen Urheberschaft mit der Formel „Rubens inv.“ am Bildrand attestiert. Nicht „gemalt“, also realisiert, sondern nur „erfunden“ (und skizziert) hat der Meister das Motiv. ...
„Rubens als Skizzenmaler“. Madrid, Prado; bis zum 5. August. Vom 8. September 2018 bis 13. Januar 2019 im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam. Der broschierte Katalog in englischer oder spanischer Sprache kostet 28 Euro.
Nota. - Ich muss es doch mal sagen: So richtig gefallen will mir Rubens nicht. Aber vieles ist doch außerordentlich be- eindruckend. Die Machart ist oft kühn, in den Skizzen sicher kühner als in den Stücken, die fürs zahlende Publikum be- stimmt waren. Und die Kühnheit ist nicht um ihrer selbst willen da, sondern steht im Dienst einer außerordentlichen Ex- pressivität - in den Skizzen sicher expressiver als in den Stücken fürs zahlende Publikum. Impressionistisch kann ich, anders als der Rezensent, eigentlich gar nichts finden.
Rubens ist so gut, dass auch für Hans Makart noch eine Scheibe abfällt.
JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen