Musik ist tatsächlich eine Sprache und wird im Gehirn ähnlich verarbeitet
Musik wird oft als eine Art Sprache bezeichnet. Hören wir Michael Jacksons „The Way You Make Me Feel“, erkennen wir sofort, es geht um etwas Fröhliches. Doch funktioniert Musik deshalb wie Sprache? Forscher des Max-Planck-Instituts meinen: Ja!
Von Joel Wille
Forscher der Harvard University belegen können, dass Musik tatsächlich eine Art universelle Sprache ist. Liedern weltweit, egal welcher Sprache, liege ein gemeinsamer Code zugrunde. Deshalb erkennen wir ein Liebeslied, auch wenn es aus einer völlig anderen Kultur stammt.
Doch funktioniert Musik deshalb wie Sprache? Immerhin können wir mit Musik kein direktes Gespräch führen.
Nehmen wir zum Beispiel das hochkomplexe Instrument Triangel. Kein Triangelspieler auf der ganzen Welt, nicht einmal der allerbeste, kann sich mit seiner Triangel direkt mitteilen. Dennoch verstehen wir sein Triangelspiel. Wie ist das möglich?
Neuropsychologen des Leipziger Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften haben jetzt herausgefunden, dass Musik wie die des Triangelspieler sehr wohl etwas mit Sprache zu tun hat. Neben der emotionalen und kommunikativen Funktion hat Musik nämlich noch etwas anderes mit Sprache gemein: Sie basiert auf einem System, in dem sich Einzelelemente zu immer komplexeren hierarchisch-strukturierten Sequenzen zusammensetzen. Genauso wie unsere sprachliche Grammatik.
Wir verabreiten das Klingen des dreieckigen Stahlstabs also ähnlich wie verbale Kommunikation.
Um das Areal zu finden, das für die musikalische Struktur zuständig ist, hat der Neuropsychologe Vincent Cheung und seine Kollegen eine Untersuchung gestartet. Sie luden 20 Musiker mit mindestens sieben Jahren Erfahrung in einem Instrument ein:
Das Pianospiel war eigens komponiert worden und zwar so, dass den Musikern die Struktur dahinter garantiert nicht vertraut war.
Der Sinn dahinter war, den Probanden eine ganz neue musikalische Struktur beizubringen, damit ihre musikalischen Areale so richtig aktiv wurden.
Dreieinhalb Wochen später wurden die Gehirne der Teilnehmer mithilfe der funktionellen Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) durchleuchtet.
Dabei wurden den Probanden 144 neue Stücke vorgespielt. Manche folgten der durch das Pianostück erlernten Grammatik, andere nicht. Mit dieser neuen Grammatik im Kopf sollten die Musiker dann entscheiden, ob es sich bei einem Stück um grammatikalisch „richtige“ oder „falsche“ Abfolgen handelte.
Dabei zeigte sich in den Hirnscans: Ein Hirnareal ist aktiv, das auch bei der Sprachverarbeitung benutzt wird
.
Hier siehst du das aktive IFG bei den Hirnscans.
Das Spannende: Nehmen wir Verstöße gegen unser erlerntes, sprachliches Grammatiksystem wahr, wird das sogenannte Broca-Areal in der linken Hälfte des IFG aktiv. Verletzungen der uns bekannten musikalischen Grammatik werden genau auf der anderen, der rechten Seite des IFG aktiv.
Die Wissenschaftler gehen also davon aus, dass es ein musikspezifisches Pendant zum Broca-Areal gibt.
Das belegen auch die Aussagen der Musiker, die die Grammatik der vorgespielten Musik-Stücke beschreiben sollten:
Die Ergebnisse belegen, dass unser Gehirn eine Grammatik für musikalische Strukturen hat und diese vor allem im rechten IFG verarbeitet. Diese Region erfüllt ähnliche Aufgaben wie die des Sprachzentrums - nur eben anderherum für Musik.
Nota. - Lehrt uns das mehr über Musik oder mehr über Sprache? Dass Sprachen grammatische Struktur haben, wussten wir. Dass Musik sie auch hat, ahnten wir nur. Dass Musik keine Begriffe hat, um komplexe Informationen weiterzugeben, wussten wir, und die Studie fügt dem nichts hinzu. Dass Musik eine ästhetische Qualität hat - was immer das bedeutet -, wussten wir ebenfalls. Die hat Sprache auch, "aber in minderem Grade" - wobei wiederum die Bedeutung der Wörter ('Informationsgehalt') eine Rolle spielt; wenn man nur wüsste, welche!
JE