Ein Diskurs – discorso – spielt sich auf ein und derselben semantischen Ebne ab: X ist, Modus ponens. In einer Rede, wo sich die erste und die zweite semantische Ebene regelmäßig abwechseln – x ist; dass x ist –, ist das der Diskurs. Der Logiker mag sagen: Das lässt sich ins Unendliche steigern. Der Semantiker wird sagen: Ab einem bestimmten, nämlich je zu bestimmenden Punkt wird es unüberschaubar, und hört daher auf, ein Diskurs zu sein; findige Köpfe mögen mehrere Diskurse herauslesen, die einander durchkreuzen, aber das ist dann kein Diskurs mehr, sondern ein Bild, das der Interpretation harrt und, anders als der Diskurs, nicht ein deutig ist. Weil und sofern der Diskurs eindeutig ist, lässt er sich begreifen, und dafür ist er da.
Die
Kunst argumentiert nicht mit Begriffen, sondern bringt Bilder zur Anschauung.
Doch ist Anschauung selber schon eine (allererste) Reflexion: ‚Ich sehe‘ ist
schlechterdings nicht trennbar von ‚Ich sehe dieses‘. Frei steht mir
aber die Reflexion: ‚Was ist dieses?‘
Frei in dem Sinn, dass ich ohne weiteres darauf verzichten kann.
Die
diskursive Rede dient eo ipso – anders käme sie nicht vor – der Mitteilung. Die
Anschauung eines Kunstwerks dient zunächst einmal nicht der Mitteilung. Geschähe sie von vorherein um der Mitteilung willen, wäre sie nicht
Anschauung. (Das ist der
ursprüngliche ästhetische Sündenfall der Kunstkritik: Sie ist in ihrem Wesen absichtlich.) Dem ästhetischen
Betrachter steht aber frei, ob er das
Kunststück nicht auch auf einer zweiten semantischen Ebene anschauen will;
nämlich ironisch.
Einen
Künstler und einen Betrachter, der diese Dimension nicht von vornherein im Auge hat, nennen wir naiv.
8. 10. 2015
8. 10. 2015
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