Dienstag, 15. August 2017

Das Bild und was es bedeutet.


aus Neue Zürcher Zeitung, 30. Januar 2010                                                       Paul Cézanne, La carrière de Bibémus, 1895

Zum Verhältnis von Diskurs und Malerei
Noch in der Gotik war die Schrift selbstverständlich Teil der Malerei. In den illusionistischen Bildräumen der Renaissance aber hatte sie keinen Platz mehr. Das änderte sich erst wieder mit der Kunst der Moderne, in der die Schrift auf neue Weise wieder auftaucht – nicht immer in eindeutiger Art allerdings.

Von Peter Bürger

Geprägt durch die Moderne, wie wir sind, erscheint uns alles Diskursive, d. h. das Gegenständliche und das Erzählende, immer noch als etwas der Malerei Fremdes – und dies obwohl mit Pop-Art und Neuen Wilden der Gegenstand und seither auch die Erzählung in die Malerei zurückgekehrt sind. Wie eng einst die Verschränkung von Bild und Schrift war, ist für uns daher schwer nachzuvollziehen.
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Die NZZ hat mir rückwirkend die Verbreitung ihrer Inhalte untersagt. Ich werde sie nach und nach von meinen Blogs löschen  
Jochen Ebmeier


Jan Gossaert-Mabuse, Der Hl. Lukas malt die Jungfrau Maria 



Botticelli, Zenobius wird getauft und zum Bischof geweiht, 1500 - 05 



 Braque, Geige und Krug


Antoni Tàpies



Rothko



Cy Twombly, Virgil 

Norbert Schwontkowski 


Prof. Dr. Peter Bürger hat bis 1998 an der Universität Bremen Literaturwissenschaft und ästhetische Theorie gelehrt.

Vilhelm Hammershøi, Wohnzimmer

Nota. - Versuchen wir mal ganz vorsichtig, uns dem Thema zu nähern. Lassen Sie's mich so sagen: Ich glaube, man wird der künstlerischen Intention Cy Twomblys nicht gerecht, wenn man über seine Werke - und namentlich dieses - so viele Worte macht. Mit Norbert Schwontkowski mag das anders sein, viel habe ich von ihm noch nicht gefunden. Worte machen ist aber das Geschäft sowohl der Kunsthistoriker als auch der ästhetischen Theorie. 

Bleibt die Frage, ob es so viele sein müssen.

Im vorliegenden Fall: Der Text ist bloß scheinbar komplex, in Wahrheit aber nur vertrackt und umständlich. Das liegt an der Prämisse - die Sprache des Autors ist ganz verständlich. Und die Prämisse ist: Sache der Kunst wäre es (irgendwie), 'uns mit Hilfe von Bildern über unsere Welt zu verständigen'. Und es ist klar: Wo es um Verständigen geht, wird ohne diskursive Rede nichts zu machen sein. Und mit diskursiver Rede wird zum Zwecke der Verständigung am meisten zu erreichen sein, wenn sie sich an die Schärfe des Begriffes hält und auf Bilder ganz verzichtet. Zum Zweck der Verständigung haben wir die Wissenschaft. Wenn man Kunst überhaupt braucht - was diskutabel ist -, dann jedenfalls zur Verständigung nicht.

Wenn die Bilder aber zur Verständigung über die Welt dienen sollen, dann müssen sie, wie der Begriff in diskursiver Rede, eine identifizierbare Bedeutung haben, die man aus ihnen lesen kann, so als hätte sie einer hinein geschrieben. Ja, und so war es auch in der Kunst bis zur Renaissance, und auch seither hat die Kunst sich erst langsam und unter Wehen aus ihrer Befangenheit in den mondänen Bedeutungen gelöst. Ich habe zu zeigen versucht, wie es insbesondere die Landschafts-Malerei war, die es erlaubt hat, das ästhetische Moment der Kunst von seinen thematischen  Verstrickungen zu entbinden. Sie zu befreien aus dem engstirnigen Dogma, sie habe 'der Verständigung über die Welt' zu dienen!


Die Freisetzung des Ästhetischen aus den Zweckmäßigkeiten ist ein Gewinn und kein Verlust. Und unter diesem Gesichtspunkt hat die zeitweilige Aufgabe der Gegenstände in der Malerei des zwanzigsten Jahrhundert in der Tat zu einer Verarmung geführt - aber ganz anders, als Peter Bürger es sich erklärt. Sache der Kunst ist es nicht, an der Stelle der von Zwecken verödeten Welt eine andere, schönere zu erfinden: auch dazu sind die diskursiven Disziplinen besser geeignet; sondern neben und außer der sattsam bekannten Zweckmäßigkeit der Dinge ihren ästhetischen Schein zur Anschauung zu bringen. Dazu könnten wir sie brauchen in einer Welt, in der die Arbeit aufgehört haben wird, der Sinn des Lebens zu sein. Aber dienen dürfte sie auch und gerade dann nichts und niemandem.

J.E., 31. 8. 2013 

William Turner, Brennendes Schiff auf hoher See

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