Mittwoch, 30. November 2016

Der Kunstgeschmack ist auch nicht mehr, was er mal war.

aus Der Standard, 30.11.2016

Soziale Reize steuern, ob uns ein Bild gefällt oder nicht 
Urteile passen sich an Meinungen von Experten bzw. "unattraktiven" sozialen Gruppen sowie an Preisinformationen an

Wien – Ob einem ein Kunstwerk gefällt oder nicht, muss nicht unbedingt ausschließlich vom persönlichen Geschmack anhängen. Einen wesentlichen Einfluss darauf, welches Urteil man zumindest öffentlich abgibt, hat die Meinung von Experten – und nicht zuletzt auch der Preis. Matthew Pelowksi und Michael Forster von der Psychologie-Fakultät der Universität Wien konnten nachweisen, dass Kunstgeschmack vor allem von sozialen Reizen gesteuert wird.

Bei der im Fachjournal "Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts" veröffentlichten Studie hatten die Teilnehmer eine Reihe von Gemälden nach persönlichem Gefallen zu bewerten. Zuvor erfuhren sie, dass dieselben Bilder schon von anderen beurteilt wurden: Von einer Gruppe von Experten, einer Gruppe von Studienkollegen und einer Gruppe von Studienabbrechern und Langzeitarbeitslosen. In der Vergleichsgruppe gab es keine solchen Vorinformationen. Wunsch nach Gruppen-Zugehörigkeit

Es zeigte sich, dass Gefallensurteile sich an die Meinung von Experten und Peers anpassen und – sogar noch deutlicher – für eine Distanzierung von der "unattraktiven" sozialen Gruppen herhalten. "Wenn die Teilnehmer glaubten, dass arbeitslose Studienabbrecher ein Gemälde nicht mochten, ging ihr Urteil in die Gegenrichtung und es gefiel ihnen umso mehr", so Pelowksi. Auch eine Information zum Kaufpreis steuerte die Urteile: Je teurer, desto besser.

Für Pelowksi untermauern die Befunde die Theorie der sozial konstruierten Unterschiede des französischen Soziologen Pierre Bourdieu, nach der Kunstgeschmack benutzt wird, um Zugehörigkeit zu begehrten sozialen Gruppen zu schaffen – und umgekehrt. (APA, red.)


Abstract
Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts: "Well, if they like it... Effects of social groups’ ratings and price information on the appreciation of art."



Nota. - Hätten Sie geahnt, dass Wissenschaft so radikal sein kann? Aber auch nur, wenn der Wissenschaftler sich nichts und niemandem verpflichtet weiß als der Wahrheit allein.
JE


 

Samstag, 26. November 2016

Das war die "maniera".

aus nzz.ch, 23.3.2016, 05:30 Uhr                                                                                               Pontormo, Kreuzabnahme

Manierismus-Ausstellung in Frankfurt
«Maniera» – im Handumdrehen
Unter dem Titel «Maniera – Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici» zeigt das Städel-Museum in Frankfurt die erste umfassende deutsche Ausstellung italienischer Kunst der Nach-Renaissance.

von Petra Kipphoff
 
Die NZZ hat mir rückwirkend die Verbreitung ihrer Inhalte untersagt. Ich werde sie nach und nach von meinen Blogs löschen 
Jochen Ebmeier 


 Rosso Fiorentino, Kreuzabnahme

 
 
Pontormo Madonna mit Kind und dem Johannesknaben 
 
Rosso Fiorentino, Madonna mit Kind und dem Johannesknaben, um 1515

Pontormos Bild eines Goldschmieds.


ders., Bild eines jungen Edelmannes
 
Bronzino. Hl. Sebastian

Agnolo Bronzino Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?)  um 1533

Maniera – Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici. Städel-Museum in Frankfurt. Bis 5. Juni 2016. Der hervorragende Katalog ist im Prestel-Verlag (München) erschienen und kostet € 39.90.

Rosso Fiorentinom Moses verteidigt Jethros Töchter



Freitag, 25. November 2016

Erhaben ist das schlechtweg Unangemessene.


El Capitán. Yosemite valley

Die obige Erklärung kann auch so ausgedrückt werden: Erhaben ist das, mit welchem in Vergleichung alles andere klein ist. Hier sieht man leicht: daß nichts in der Natur gegeben werden könne, so groß als es auch von uns beurteilt werde, was nicht in einem andern Verhältnisse / betrachtet bis zum Unendlichkleinen abgewürdigt werden könnte; und umgekehrt, nichts so klein, was sich nicht in Vergleichung mit noch kleinem Maßstäben für unsere Einbildungskraft bis zu einer Weltgröße erweitern ließe. Die Teleskope haben uns die erstere, die Mikroskope die letztere Bemerkung zu machen reichlichen Stoff an die Hand gegeben.

Nichts also, was Gegenstand der Sinnen sein kann, ist, auf diesen Fuß betrachtet, erhaben zu nennen. Aber eben darum, daß in unserer Einbildungskraft ein Bestreben zum Fortschritte ins Unendliche, in unserer Vernunft aber ein Anspruch auf absolute Totalität, als auf eine reelle Idee liegt: ist selbst jene Unangemessenheit unseres Vermögens der Größenschät- zung der Dinge der Sinnenwelt für diese Idee die Erweckung des Gefühls eines übersinnlichen Vermögens in uns; und der Gebrauch, den die Urteilskraft von gewissen Gegenständen zum Behuf des letzteren (Gefühls) natürlicher Weise macht, nicht aber der Gegenstand der Sinne, ist schlechthin groß, gegen ihn aber jeder andere Gebrauch klein. Mithin ist die Geistesstimmung durch eine gewisse die reflektierende Urteilskraft beschäftigende Vorstellung, nicht aber das Objekt erhaben zu nennen. 

Wir können also zu den vorigen Formeln der Erklärung des Erhabenen noch diese hinzutun: Erhaben ist, was auch nur denken zu können ein Vermögen des Gemüts beweiset, das jeden Maßstab der Sinne übertrifft.
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I. Kant, Kritik der Urteilskraft, § 25, [S. 170f.]



Freitag, 18. November 2016

Landschaften von Degas.


Degas hat sein Leben lang immer wieder Landschaften gemalt, nicht bloß am Anfang. Aber zu Studienzwecken oder, wie Gainsborough, um sich von seinen mondänen Sujets zu erholen. Verkauft hat er sie wohl nicht und vielleicht nicht einmal vorgezeigt,doch da bin ich nicht sicher. Die Hartnäckigkeit, mit der er stets zu ihnen zurückkam, zeigt jedenfalls, dass sie ihm nicht nebensächlich waren.




































Es sind eine Reihe Monotypien darunter, auch übermalte. Degas hat viel experimentiert und auch schon fotografiert.






























 Es gehört fast alles zum Typus Weite Landschaft, kleine malerische Winkel sind nicht darunter.