Floris van Dyck, Stillleben mit Käse, 1615
"Eine Frau, das für sich genommen ist schon spektakulär, war Pionierin dieser Entwicklung." Gemeint ist Clara Peeters; der Verfasser hat vom Kurator der Ausstellung den Eindruck davongetragen, Clara Peeters habe sozusagen ein Genre erfunden.
Eine Frau, das kommt gut in dieser unseren Zeit, er hätte darauf gefasst sein müssen, dass die Ausstellungsmacher da was aufhübschen. Dass ein Kulturjournalist kein Kunsthistoriker ist, ist schon klar. Ich bin es auch nicht, aber ich habe gegugelt, er hätte es auch gekonnt. Dann hätte er gefunden: "Stillleben mit Käse ist ein Gemälde des niederländischen Künstlers Floris van Dyck, der als wesentlicher Begründer des frühen holländischen Mahlzeitstilllebens – auch Haarlemer Schautafeln genannt – gilt." (wikipedia)
Und hier gleich noch einmal:
Floris van Dyck, Stillleben mit Früchten, Brot und Käse, 1613
Van Dyck wurde 1575 geboren, Clara Peeters 1594.
Aber auch die paar Sätze über Joachim Beukelaer sind schief. Wohl kann man bei der Küchenszene mit Jesus in Emmaus von einem Stilleben noch nicht sprechen, es sind ja Köchin und Küchenmädchen da, die nehmen den halben Platz ein. Nicht so aber in der gleichzeitig entstandenen Vorratskammer mit Jesus in Emmaus:
Und während man in der Küchenszene die Jesusminiatur noch als einen gedankenlosen Tribut an eine geistlose Tradition sehen kann, spricht die Vorratskammer mit unverhohlenem Spott: "Zu profan ist euch mein Bild? Ja habt ihr denn euern Heiland rechts oben in der Ecke nicht erkannt!"
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Das ist wirklich ein Problem mit der Berichterstattung über die immer zahlreicher werdenden Kunstausstellungen in Europa und der Welt. Nicht nur können die Blätter nicht für jede Rubrik ausgewiesene Fachwissenschaftler engagieren. Ebensowenig und vielleicht noch weniger wollen die interessierten Leser, unter anderen ich, im Feuilleton professorale Expertisen lesen. Die einen wollen erfahren, welcher Besuch sich für sie lohnen mag, die andern, die nicht soviel reisen können, wollen erfahren und womöglich sehen dürfen, was ihnen entgeht; und das ist die Sache von Leuten, die zu schreiben verstehen.
Doch was ein Segen fürs Publikum ist, ist für die Journalisten ein Fluch: das Internet. Ich bin einer, der nicht viel reisen kann, dafür verbringe ich die Zeit, die andre unterwegs verlieren, beim Surfen. Doch ohne Anleitung durch einen Reiseführer wüsste ich nicht, was ich wo suchen soll. Ohne die Berichte in den Zeitungen würde ich nicht halb so viel von der bildenden Kunst mitbekommen, ich weiß es ihnen zu danken.
Dass sie mir meine nachträgliche Besserwisserei danken, glaube ich aber nicht, ich habe schon andere Zeichen bekommen.
Im übrigen würde ich gerne einmal etwas Ausführliches zu Geschichte und Ästhetik des Stilllebens lesen, aber keine fachhistorische Abhandlung.
J. S. Chardin, Wasserglas und Kaffeekanne
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