Vollkommen ist ein Ding, das so ist, wie es sein soll.
- Das ist gar keine Definition. Es ist eine zirkuläre Umschreibung. Vollkommenheit ist kein Begriff, sondern eine Idee. Eine Idee ist nur als eine Aufgabe zu veranschaulichen, als Problem - als eine Suche.
Zu suchen ist: jene Qualität, die es ausmacht, dass etwas 'so ist, wie es sein soll'. - Das ist das Materiale.
Oder nicht eher: Wer oder was bestimmt, ob etwas so ist, wie es sein soll, oder anders: mit welchem Recht? - Das ist das Formale.
Zu letzterem: Es ist der Geschmack, der bestimmt, und zwar aus eigener Vollmacht.
Zum ersteren: Das hängt an den Erfordernissen der Zeit. Wenn und wo das Leben durch Zerrissenheit, Unüber- sichtlichkeit, Unsicherheit geprägt ist, wird man Vollkommenheit auf dem Weg zu Ausgleich, Harmonie und Frieden suchen. Wo aber die "Plattharmonischen" herrschen, wie Friedrich Schlegel sie nannte; wo alles ausgeglichen wird, wo nichts aus der Reihe fällt, wo alles korrekt hergeht - da wird man Vollkommenheit auf den Wegen von Ruhestörung und von Ungewissheit suchen; nicht ohne die Einstweiligkeit des eignen Urteils immerhin zu ahnen.
Nehmen wir die materiale mit der formalen Seite zusammen, dann ergibt sich: Ob es zu viel Ordnung gibt oder zu viel Unordnung, ist Geschmackssache; aber die Geschmäcker sind verschieden.
31. 12. 2013
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