Montag, 30. Mai 2016

Helmer Osslund, Landschaften.













Swedish painter Helmer Osslund was born under the name Åslund. He changed his name to Osslund for better understanding when he moved to the United States to become an engineer. At the age of 21, he began to paint and was employed from 1889-94 as a decorator at the Gustavsberg porcelain company. He then studied in Paris and London. Osslund later spent several months painting hikes in the northern wastelands. Paul Gauguin taught him to paint on waxed paper, which was cheaper and easier to handle than regular canvas while hiking. His Lapland motifs showed the magnificent wilderness and blazing fall colors. The paintings established Osslund as the “Norrland artistic discoverer.”
(via kukashkin)


Dienstag, 24. Mai 2016

Plädoyer für eine historisch informierte Darstellungspraxis auf der Opernbühne.

 aus nzz.ch, 24.5.2016, 05:30 Uhr                                               Händels Imeneo, im historisierenden Stil inszeniert von Sigrid T'Hooft.

Plädoyer für eine historisch informierte Darstellungspraxis
Prinzen stehen links
Der Siegeszug einer Darstellungspraxis, die auf der Opernbühne Gesten und Ausdrucksformen früherer Epochen neu belebt, ist die vielsagende Antwort auf die Krise des modernen Regietheaters.

von Michael Stallknecht 


Die NZZ hat mir rückwirkend die Verbreitung ihrer Inhalte untersagt. Ich werde sie nach und nach von meinen Blogs löschen  Jochen Ebmeier


Nota. - Ich bin kein Theatergänger, und in die Oper kriegen mich keine zehn Pferde. Dass in der Zeit, als ich ins bühnensinnige Alter kam, gerade das Regietheater ausbrach, hat das seinige dazu beigetragen. Aber eins sage ich mir seit Jahrzehnten: Wenn sie eines Tages in einer Wagner-Oper die "historisch informierte Aufführungspraxis" von der Musik auch auf die Regie ausdehnen, tu ich mir das mal an! Ob ich dann die ganzen sechs Stunden durchhalte, weiß ich nicht, aber das liegt wiederum an der Musik, so historisch informiert sie auch immer klingen mag.
JE



Sonntag, 22. Mai 2016

Vom Wesen der Kunst und ihrer Kritik.


G. von Max, Die Kunstrichter
aus nzz.ch, 21.5.2016, 07:30 Uhr


Denken in Freiheit
Wozu Kunst?
Gerade weil die Kunst zu nichts zu gebrauchen ist, brauchen wir sie. Die Freiheit von aller Zweckmässigkeit ist die grösste Herausforderung für die Kunst – und ihre vornehmste Provokation.

von Roman Bucheli 

Es gibt in der ganzen Opernliteratur manche Albernheit, die sich die Librettisten ausgedacht hatten. Nichts Menschliches war ihnen fremd, keine Sentimentalität, auch keine abgefeimte Rohheit. Unübertroffen in höherem Nonsens aber bleibt gewiss das Libretto der «Zauberflöte». Nie hat ein Komponist schönere Musik geschrieben zu einem Text von solch theatralischem Unfug und zauberischem Schabernack. Doch selbst hier, zwischen Vogelfänger und Schlange, «sternflammender Königin der Nacht» und priesterlich bewachtem Weisheitstempel, hören wir in einer Arie das schönste, das genaueste Zeugnis von der Kraft und der Macht der Kunst. Tamino hat gerade erst ein Porträtbild Paminas erhalten, der ihm bis dahin unbekannten Tochter der Königin der Nacht. Sein Entzücken ist augenblicklich grenzenlos: «Dies Bildnis ist bezaubernd schön / Wie noch kein Auge je gesehn!» Tamino ist nicht etwa hingerissen von vielleicht strahlenden Augen, nicht von einer schmucken Nase, auch nicht von zierlichen Ohren. Das Bildnis selbst weckt seine Bewunderung. Die Kunst allein also vollbringt, was sein Herz erschüttert und erzittern lässt.

Doch Schikaneder hat sich für diese Arie noch eine zweite Pointe ausgedacht. «Ich fühl' es», so lässt er Tamino singen, «wie dies Götterbild / Mein Herz mit neuer Regung füllt.» Er könne zwar nicht nennen, was dieses Etwas sei, er fühle es nur brennen, «hier», im Herzen, wie Feuer. Doch der Jüngling lernt schnell, und schon im nächsten Vers ist das Wort heraus: «Soll die Empfindung Liebe sein? / Ja, ja, die Liebe ist's allein.» Zweierlei, so sollen wir verstehen, bewirke die Kunst des Malers: dass Tamino zum einen die Welt erkennt. Das heisst für ihn, aus hormonellen Gründen vielleicht, zunächst einmal: das andere Geschlecht. Zum anderen lehrt ihn das Bildnis etwas über eine bisher vollends unbekannte Empfindung, für die ihm darum auch noch das Wort fehlt.

Ein Akt der Freiheit

Beides ist in der Kunst (und im Alltagsleben) zu einem häufigen – um nicht zu sagen: zentralen Topos geworden. Liebende tragen mit sich das Bildnis der oder des abwesenden Geliebten herum. Die Liebe soll nicht erlöschen, auch in der Trennung nicht. Das Bildchen vergegenwärtigt das Fehlende und richtet den Kompass der Sehnsucht auf ihre bleibende Bestimmung und Richtung aus. Überdies öffnet uns die Kunst den Blick und die Sinne für das, wofür uns noch die Worte und die Namen fehlen. Sie deutet die Welt und entfaltet unsere Innenwelten gleichermassen. Dante und Petrarca haben dieser neuzeitlichen Auffassung der Kunst das Fundament geschaffen. Eine erleuchtende Aufgabe («illuminans») habe die Kunst, schrieb Dante. Sie lichtet die Wirklichkeit.

War Schikaneder am Ende doch nicht ganz so albern, wie es scheint? Denn noch etwas lässt sich aus seiner Arie herauslesen – und dieses freilich trifft nun in den Kern einer seit der Aufklärung wirksamen Kunsttheorie. «Was bleibet aber, stiften die Dichter», heisst es bei Hölderlin. Damit Taminos Liebe richtig – sprich: dauerhaft – entflamme, muss die Kunst ihre Hand im Spiel haben, genauer: Sie muss sie gestiftet haben. Nach Schiller gründet alle Kunst in der Freiheit. Sie wird hervorgebracht von einem Menschen, der sich für den Augenblick aus allen Zwängen und aus allen Zweckmässigkeiten befreit hat. Der schöpferisch tätige Mensch vergegenwärtigt darum das aufgeklärte, zu sich selbst erlöste und nur dem eigenen (kreativen) Zweck verpflichtete Subjekt. Und weil darum die Kunst das vornehmste Abbild der Freiheit darstellt, ja, in sich selbst – im geradezu spielerischen, von allen Ansprüchen entlasteten Umgang mit der Wirklichkeit – einen Akt der Freiheit vollzieht, geht der Künstler und gehen wir in der Begegnung mit der Kunst immer auch in eine Vorschule der Freiheit.

Denn in der Kunst erkannte Schiller, der ernüchterte, um nicht zu sagen enttäuschte Revolutionär, jene Kraft, die den Menschen eine Anschauung der Wirklichkeit in Freiheit ermöglichen soll. Sie sei Erziehung zur Freiheit und zum Selbstdenken. Mehr noch, sie sollte, als freiheitliche Praxis, den prekären Übergang sichern von vorrevolutionärer Herrschaft zu den nachrevolutionären Gesetzen der Vernunft und den dazwischen drohenden Absturz in den Terror verhindern, wie ihn Frankreich erlebt hatte.

Unfug im Namen der Kunst

Schillers freidenkerisches Pathos und geschichtsphilosophische Zuversicht schrumpften seither zum pathetischen Missverständnis. Wer heute von der Freiheit der Kunst spricht, meint nicht etwa die Einübung unabhängigen Denkens und Wirkens, er versteift sich auf die angebliche Lizenz, im Namen der Kunst alles tun zu dürfen und geradezu nichts lassen zu sollen. Unter dem Rechtstitel einer von der Meinungsfreiheit abgeleiteten Kunstfreiheit muss man sich heutzutage allerhand Unfug anhören oder ansehen, der mit aufgeklärter Praxis nurmehr dem Schein nach etwas gemein hat. Vielmehr verraten einschlägige Aktionen – Thomas Hirschhorn vor einiger Zeit in Paris, das Zentrum für politische Schönheit jüngst in Berlin und Zürich oder immer wieder der notorische Hitlergruss-Künstler Jonathan Meese – in ihrer zwanghaften Anstössigkeit die offenkundigste Unfreiheit. Das Mass der Unfreiheit solcher Kunst erkennt man indessen auch daran, dass die Öffentlichkeit darauf mit immer gleichen stereotypen Reflexen der Empörung reagiert – und damit gleichsam die Provokation zu legitimieren scheint.

Ungeachtet des Geredes,
der Mensch sei dem Menschen ein Wolf, neigt die Kunstkritik eher zum 
Weichzeichner als zum Weichklopfer.

Der Staat aber tut gut daran, sich bei solchen Gelegenheiten in Toleranz zu üben (und ein aufgeklärtes Staatswesen lässt sich darob auch nicht die Einsicht in Sinn und Zweck einer massvollen Kunstförderung trüben, da die Kunst doch gerade jene freiheitlichen Voraussetzungen abbildet, die der liberal verfasste Staat nach einem Diktum von Ernst-Wolfgang Böckenförde nicht garantieren könne). Wo allerdings Rechtsgüter in Gefahr sind, kommt die Rechtsprechung zum Zuge, nicht als Richterin über die Kunst, sondern in Abwägung konkurrierender schützenswerter Rechte: vom Urheberrecht etwa bis zum Persönlichkeitsrecht. Wenn nun aber dem Staat bzw. der Politik diskrete Zurückhaltung empfohlen wird, so gilt für die Kunstkritik genau das Gegenteil: Sie soll ohne falsche Rücksicht ihres Amtes walten.

Am wenigsten in Angelegenheiten der Kunst gilt wohl das maliziöse Bonmot, jede Zeit erhalte, was sie auch verdiene. In unserer arbeitsteiligen Gesellschaft gehört es gerade zu den vornehmsten Aufgaben der Kunstkritik, das Kunstschaffen an seinen eigenen Ansprüchen zu prüfen und weder Mittelmass noch Meterware hinzunehmen. Wenn solches heute (wie vielleicht zu den meisten Zeiten) manchen zu überwiegen scheint, dann liegt es auch daran, dass die Kritik eher zum Weichzeichner als zum Weichklopfer neigt. Ungeachtet des Geredes, dass der Mensch dem Menschen ein Wolf sei, ziehen wir Kunstkritiker die Freundlichkeit der Boshaftigkeit vor, eher beissen wir uns die Zunge ab, als einen Verriss zu viel zu schreiben, eher verstecken wir uns hinter vagen Lobgesängen, als uns mit einem präzisen Urteil zu exponieren. Das ist alles menschlich und freundlich und nachvollziehbar – aber zutiefst kunstfeindlich. Denn es missachtet oder, um es schärfer zu sagen: verachtet das selbstbestimmte Fundament der Kunst.

Sich mit der Kunst zu messen, und nichts anderes heisst Kunstkritik, bedeutet auch und vor allem: ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Das wiederum verlangt nicht weniger, als ein dem Kunstschaffen ebenbürtiges Wagnis einzugehen: in Freiheit des Räsonierens und Argumentierens die kritische Auseinandersetzung mit einem Werk auszuüben. Denn darin liegt der grösste Respekt sowohl gegenüber den Künstlern und ihren Werken wie auch gegenüber der Öffentlichkeit, vor der diese Reflexion geführt wird: dass dem Abenteuer der Kunst mit der Kunst des freien Denkens begegnet wird. Exponiert ist dieses wie jenes, das Risiko des Scheiterns wohnt ihnen gleichermassen inne. Nur investiert der Kritiker weniger Lebenszeit in sein Unterfangen. Das aber soll ihn nicht zu falscher Rücksicht, doch zu höchster Redlichkeit anspornen.


Nota. - Was ist Kunst? Der phänomenale Ansatzpunkt für die Beantwortung dieser beliebten Frage ist ein doppelter; erstens hat sich in der bürgerlichen Gesellschaft in den letzten fünfhundert Jahren ein Stand ausgebildet, der für die und von der Kunst lebt und in einem spezifischen Gegensatz zum Arbeitnehmer steht; und zweitens, was freilich die Voraussetzunge des ersten ist: Die Kunst hat sich in der bürgerlichen Gesellschaft zu einer öffentlichen Instanz ausgebildet, die in Gegensatz und Widerspruch zu jener andern Instanz steht: der Wissenschaft, und beide rechtfertigen sich als Gegensatz zum Wesentlichen: der Ökonomie.

Das ist eine phänomenale, historische, "übersummative" Beschreibung der Kunst: denn sie ist nicht nur mehr, sondern auch etwas Anderes als die Summe der Werke. Darum taugt sie leider nicht zur Beantwortung der marktrelevanten Frage: "Ist das denn überhaupt Kunst?" Will sagen: Darf ich darauf rechnen, dass der Geldwert erhalten bleibt und hopefully steigt? 

Und an wen geht die Frage? An den Kritiker. Aber im Detail kann die Kritik das gar nicht beantworten; denn sie ist nicht nur mehr, sondern auch etwas Anderes als die Summe ihrer Rezensionen. Sie ist öffentliche Instanz, nämlich immanente Instanz der Kunst selbst. Sie gehören zueinander, wie seit der Jenaer Romantik aktenkundig ist. Und das im übrigen nicht erst, seit der Kunstmarkt eine bürgerliche Angelegenheit ist: Die Kardinäle, die den Caravaggios ihre Avantgardismen abgekauft haben, waren zugleich die wahren Kenner und Kritische Instanz; und als solche bestimmten sie wie im Kunstbetrieb unserer Tage den Marktwert.

Im übrigen will ich an dieser Stelle nicht ungesagt lassen, dass ich bei der Zauberflöte nicht nur das Libretto, sondern auch die Musik albern finde; Mozart hat Schikaneder einen Gefallen getan, er ahnte ja nicht, dass es zu Ende ging.
JE


Mittwoch, 18. Mai 2016

Das Künstlerdasein ist ein prekäres.


 institution logo Arbeitsbedingungen von Künstlern: 70 Prozent arbeiten teils unbezahlt
Rainer Jung  
Abt. Öffentlichkeitsarbeit Hans-Böckler-Stiftung

17.05.2016 10:42

Untersuchung in Kooperation mit „art but fair“

Arbeitsbedingungen von Künstlern: 70 Prozent arbeiten teils unbezahlt, 80 Prozent empfinden ihre Beschäftigung als unsicher

Auf der Bühne sein Geld zu verdienen, ist ein hartes Geschäft: Viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten unter prekären Bedingungen, zeigt eine neue Studie. Eine deutliche Mehrheit rechnet mit Altersarmut. Um das zu ändern, wären mehr gewerkschaftliches Engagement von Künstlern, mehr Problembewusstsein beim Publikum und ein Kurswechsel der Kulturpolitik gefragt.


Wie es aktuell um die berufliche Situation von Kunstschaffenden steht, hat Maximilian Norz von der Künstlerinitiative „art but fair“ untersucht.* Seiner Untersuchung zufolge, die von der Hans-Böckler-Stiftung und der Kulturpolitischen Gesellschaft gefördert wurde, herrschen in den schönen Künsten oft unschöne Arbeitsbedingungen: Musiker, Tänzer und Schauspieler müssen sich mehrheitlich mit unzureichender Vergütung und unsicheren Jobs arrangieren.

Die Zahl derjenigen, die hierzulande einen künstlerischen Beruf ausüben, ist offiziellen Statistiken zufolge durchaus beachtlich: 2011 gab es über 18.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Musiker und knapp 22.000 darstellende Künstler. Bei der Künstlersozialkasse, die Selbständigen ab einem Jahreseinkommen von 3.900 Euro offensteht, waren 2014 etwa 51.000 Musikanten und über 24.000 Schauspieler und Tänzer gemeldet.

Um einen Eindruck von den Arbeitsbedingungen dieser Berufsgruppe zu gewinnen, hat Norz eine Online-Umfrage durchgeführt, an der sich 2.635 Erwerbstätige aus den Bereichen Musik und Darstellende Kunst beteiligt haben. 2.160 der Befragten sind Künstler, 475 gehen einer anderen Tätigkeit nach, beispielsweise als Bühnenarbeiter oder Techniker. 91 Prozent sind in Deutschland tätig, der Rest in Österreich und der Schweiz. Zusätzlich wurden ausführliche Interviews mit 22 Künstlern, Veranstaltern, Vermittlern, Politikern sowie Vertretern von Bildungsinstitutionen und Verbänden geführt. Die Befragung ist nicht repräsentativ, erlaubt aber qualifizierte Einblicke in die Arbeitsbedingungen von Künstlern.

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die Akteure auf Theater- und Konzertbühnen einige Missstände in Kauf nehmen müssen. 79 Prozent von ihnen halten ihre Gagen für unangemessen. Das Nettoeinkommen liegt bei 40 Prozent unter 10.000 Euro pro Jahr (siehe auch die Infografik; Link unten). Die prekäre Einkommenssituation hängt auch damit zusammen, dass 70 Prozent der Musiker, Tänzer und Schauspieler unbezahlte Leistungen erbringen müssen. Besonders zu Beginn der Karriere würden von Künstlern kostenlose Auftritte erwartet, damit sie Erfahrung und Renommee sammeln können, so der Autor. Später sei es üblich, dass sie ohne finanzielle Gegenleistung proben oder Nutzungsrechte übertragen. Mit Altersarmut rechnen angesichts der bescheidenen Vergütung in ihrer Branche vier von fünf Befragten. Zu diesen Befürchtungen dürfte auch beitragen, dass viele Künstler – beispielsweise Tänzer – wegen der körperlichen Belastungen in ihrem Job früh aus dem Berufsleben ausscheiden müssen.

Ein weiteres gravierendes Problem ist fehlende Planungssicherheit: Gut 80 Prozent der Befragten empfinden ihre Beschäftigungssituation als unsicher. Tatsächlich ist Norz‘ Analyse zufolge das Normalarbeitsverhältnis im künstlerischen Bereich keineswegs der Normalfall: Während die Anzahl der Selbständigen unter den männlichen Künstlern zwischen 2006 und 2011 um 25 Prozent und unter den Künstlerinnen um 39 Prozent gestiegen ist, hat die Gruppe der abhängig beschäftigten Männer nur um vier und die der Frauen um sieben Prozent zugenommen. Bei den per Werkvertrag beschäftigten Künstlern betrug der Zuwachs zwischen 2005 und 2010 fast ein Drittel. Eine Folge der unsteten Beschäftigungssituation ist die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die 60 Prozent der befragten Künstler beklagen.

Defizite beim Arbeitsumfeld wie ungeheizte Räume, ungeeignete Tanzböden oder schlechte Unterkünfte stellen für die Hälfte der Künstler ein Problem dar. Fast ebenso viele geben an, dass Schutzvorschriften wie beispielsweise das Arbeitszeitgesetz teilweise nicht eingehalten werden. Ein Drittel hat Erfahrungen mit Vertragsbrüchen, Machtmissbrauch und Willkür. Fehlende Mitbestimmung bei der Arbeit kennen 25 Prozent, Mobbing 17 Prozent, sexuelle Belästigung fünf Prozent.

Norz hat sich auch damit auseinandergesetzt, was gegen Missstände unternommen werden könnte. Nach seiner Einschätzung sind Gewerkschaften durchaus geeignet, sich wirksam für bessere Arbeitsbedingungen von Künstlern einzusetzen. Allerdings sei der Organisationsgrad auch wegen der vielen Selbständigen und atypisch Beschäftigten eher gering. Hilfreich könnte ein Gütesiegel sein, das Veranstaltern die Einhaltung von Mindeststandards bescheinigt. Die Politik wiederum sollte ihre Kulturförderung an soziale Kriterien knüpfen, empfiehlt der Autor.

Für Dr. Norbert Kluge, Leiter der Abteilung Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, weisen die Ergebnisse der Untersuchung weit über den künstlerischen Bereich hinaus. „Die Studie erlaubt Einblicke in die 'Gig economy', wie sie manche Digitalisierungs-Enthusiasten als schöne neue Arbeitswelt propagieren. Die ist für viele Kreative längst Alltag. Faire Arbeitsbedingungen und eine stabile soziale Absicherung stehen dabei leider sehr oft nicht auf dem Spielplan“, sagt der Soziologe. Für gute Arbeit im Musik- und Bühnenbetrieb zu sorgen, sei deshalb nicht allein Aufgabe der Kulturpolitik, sondern eng verbunden mit zentralen Zukunftsfragen des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherung. Die oft prekären Arbeitsbedingungen von Künstlern zeigten aber auch, wie wichtig eine kollektive Interessenwahrnehmung sei: „Man sieht: Als Einzelkämpfer kommen auch unter Kreativen nur sehr wenige weiter“, sagt Kluge.


Ansprechpartner in der Hans-Böckler-Stiftung

Dr. Norbert Kluge
Leiter Abteilung Mitbestimmungsförderung
Tel.: 0211-7778-198
E-Mail: Norbert-Kluge@boeckler.de

Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de



Weitere Informationen: http://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_319.pdf - *Maximilian Norz: Faire Arbeitsbedingungen in den Darstellenden Künsten und der Musik?! Study der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 319, Mai 2016.
http://www.boeckler.de/hbs_showpicture.htm?id=65140&chunk=1 - Infografik zum Download in Böckler Impuls 8/2016


Nota. - Das Stichwort Bedarfsunabhängiges Grundeinkommen kommt in der Meldung nicht vor; dafür ist die Hans-Böckler-Stiftung wohl zu gewerkschaftsnah. Aber das Thema hat mit der Kunst mehr zu tun als gewerkschaftliche Organisationsfragen; und geht auch die Bildenden Künstler an.
JE 


Dienstag, 17. Mai 2016

So gehts auch.


Kai Althoff (German, b. 1966), Untitled, 2010

1966-born Kai Althoff is a German artist, a multimedia painter, borrowing from moments of history, religious iconography, and counter-cultural movements. Althoff creates imaginary environments from a multitude of sources and media inspirations, from Germanic folk traditions to recent popular culture, from medieval and gothic religious imagery to early modern expressionism; Althoff’s characters inhabit imaginary worlds that serve as allegories for human experience and emotion. Not only does Althoff work from a past, contents and context wise, his image bank and painterly style are equally derived from early 20th century German Expressionism and are reconfigured within a contemporary style by introducing collaged technique into his creations; hils multimedia approach in full force. His work has been included in several books listing contemporary artists, such as Art Now, published by Taschen. Althoff is also a musician, releasing solo under monikers such as Fanal, Engelhardt/Seef/Davis Coop. or Ashley’s as well as in different groups. With Justus Köhncke he releases as Subtle Tease. Together with Christoph Rath, Stefan Mohr and Stephan Abry he co-founded the band Workshop.

Sonntag, 15. Mai 2016

Einige neuere Landsschaftsbilder.

Amanda Kavanagh 


Ambera Wellmann 


Benoît Trimborn


Benoît Trimborn, Paysage d'été XVI, 2014


Casey Klahn


Chrissy Norman


Dirk Baksteen 


Kim Casebeer


Eeva Karhu


Helen Booth


David Sharpe 


Fred Cuming  


Fred Cuming  


Gayle Bard 


Curt Butler


Frank Auerbach


George Carlson 

Gerhard Richter  

Kai Savelsberg 

 Fred Cuming

Fred Cuming  

Gleb Savinov Jukki

Es gibt mehr Maler, die von ihrer Kunst zu leben versuchen, als man denkt. Und weil Landschaft immer geht, gibt es daher mehr Landschaftsmaler als man denkt. Wie gelegentlich schon erwähnt, gibt es kaum ein Sujet, das so - einerseits - zum Kitsch und - andererseits - zur Manieriertheit verführt, wie die Landschaft. Und wenn man darauf angewiesen ist, seine Sachen zu verkaufen, verfällt man leicht in - Kitsch und Manieriertheit.

Das heißt aber nicht, dass die Arrivierten, von denen Sie oben auch ein paar Stücke sehen, dagegen gefeit wären.

Doch wenn man's um beide Klippen herum schafft, ist die Landschaft zu einer Zeit, wo alles schonmal dagewesen ist, das Sujet der Wahl, bei dem man nicht altmeisterlich werden muss, weil es jede formale Freiheit erlaubt, die dem Künstler in den Fingern juckt bis hin zur völligen Abstraktion, wo man nicht mehr erkennt, was es darstellen soll. Man darf nur nicht originell sein wollen... 

Wenn man aber beide Klippen nicht umschiffen kann oder will, sieht es manchmal so aus:



Louise Balaam 


Samstag, 14. Mai 2016

Garten-Kunst im Rietberg Museum.

 aus nzz.ch, 14.5.2016                                                                                                                 Cl. Monet, Garten in Givenchy
 
Gärten der Welt im Museum Rietberg
Diesseits von Eden
Wie beginnt man eine Ausstellung über Gärten? Natürlich mit dem Sündenfall, denn zumindest die westliche Gartenkultur ist geprägt von der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies.
 
von Philipp Meier

Die NZZ hat mir rückwirkend die Verbreitung ihrer Inhalte untersagt. Ich werde sie nach und nach von meinen Blogs löschen  Jochen Ebmeier 

Krishna und Radha als Liebespaar in einer paradiesischen Landschaft. Indien, 1775/178. 



Kachelpanel mit Gartenszene.  



«Paradiese 09», Fotografie von Thomas Struth



Werner Bischof, Zen-Garten Ryoan-ji, 1951

Dienstag, 10. Mai 2016

Robert des ruines - et des jardins.

Abriss der Häuser auf dem Pont Notre Dame, 1786

Nein, Hubert Robert hat nicht die Revolution abgewartet, um  das Ancien Régime als Ruine ins Bild zu setzen. Er hat das Trümmermotiv in Rom gefunden, das ist wahr, aber er hat im Rokkoko des Louis XV. vor allem die décadence gesehen und sein zeitgenössiches Paris im Verfall dargestellt. Als 'Architekturmaler' war er in die Akademie aufgenommen worden, aber an den Bauwerken interessierte ihn schon nicht mehr die repäsentative, sondern die ästhetische, die pittoreske, die "mahlerische" Seite, wie A. W. Schlegel das nannte, und nie ist die Architektur malerischer als wenn sie zusammenbricht.

 Abriss der Häuser am Pont au Change

Brand des Opernhauses am Plais Royal, 1781


Aber man muss nicht auf den Abrruch warten. Ihre im engeren Sinn ästhetische Seite zeigt die Architektur in den Blickwinkeln, die kein Baumeister in seinem künstlerischen Auge gehabt hat, sondern die sich absichtslos nebenher ergeben und von andern Künstlern erst dargestellt werden müssen, damit der geschäftige Zeitgenosse sie bemerkt.




Roberts Atelier, 1760

Ein solcher Künstler war Robert, und so durfte es nicht ausbleiben, dass er als Kontrast zur unbeabsichtigten Ästhetik des Menschenwerks die noch weniger beabsichtigte Ästhetik der Natur gesetzt hat: Ich habe Hubert Robert als Landschaftsmaler kennengelernt und erst dann den Ruinenmeister.








 
Ein Rokkokomaler war er aber eben doch, so ganz natürlich ist seine Natur, so ganz unabsichtlich ist ihre Ästhetik doch nicht: Robert war nicht nur der 'Kunstsammler', sondern auch der 'Gartenbauer' des Königs. Es ist alles noch ganz vorrevolutionär, theatralisch und ein bisschen unwirklich. Bloß eben mit dem echten Hautgoût der Fäulnis.