Rembrandts Spätwerk in der National Gallery in London
Ein Ketzer der Malerei
von Marion Löhndorf
Zum ersten Mal wird Rembrandts Spätwerk in einer Ausstellung gewürdigt. Die National Gallery konzentriert sich auf den Künstler als Erneuerer, der in den letzten Lebensjahren seine bilderstürmerische Energie bündelte und intensivierte. Zum Beweis führt sie exquisite, von weit her zusammengetragene Werke ins Feld.
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Jochen Ebmeier
Selbstporträt mit Kreisen, 1665-69
Junges Mädchen am Fenster, 1645
Frau badet im Bach, 16
Titus am Schreibtisch
Frau mit Straußenfeder
Die Verschwörung der Bataver unter Claudius Civilis .
Rembrandt – The Late Works. National Gallery, London. Bis 18. Januar 2015. Anschliessend im Rijksmuseum Amsterdam. Katalog £ 19.95.
Die Anatomie des Dr. Joan Deyman, 1656
Nota. - Ich bin kein Rembrandt-Vergötzer, das wissen Sie. Dass er mit seinen Porträts in fast unheimlicher Weise der Beste ist, habe ich auch gesagt und muss es nicht zurücknehmen. Und wenn der rauhe und zugleich intimistische (weil nicht auf das Publikum schielende) Zug des Spätwerks auch wirklich eine neue Note hineinbingt - ich mag auch von dem andern, das ich auch noch schrieb, immer nichts zur+cknehmen:
"Damit es nicht übersehen oder als bloßer Coup de chapeau abgetan wird, diesmal gleich am Anfang: Unter der Porträtisten (denen, von denen ich was kenne) ist Rembrandt uneingeholte Spitze. Kein Sujet ist so einzig und untypisch wie ein Menschengesicht - und zwar durch alle 'Rollen' hindurch. Das muss der Maler gesehen haben, bevor er den Pinsel führt. Das ist Kunst.
Berühmt ist Rembrandt aber als Hell-Dunkel-Maler, und das habe ich nie verstanden, und seit er immer wieder mit Caravaggio verglichen wird, schon gar nicht. Bei Caravaggio waren Licht und Schatten zu allererst ein Mittel zur naturalistischen Wendung gegen den gezierten Manierismus seiner Zeit. Seine Gegenstände - Menschen wie Dinge - waren nicht nur volkstümlich; sie gewannen durch Licht und Schatten Profil und Plastizität, sie wurden wieder lebendig und echt. Und das Licht erlaubte ihm, die von den Manieristen verschmähte Perspektive triumphal wiederherzustellen, und zwar nicht einfach durch Linien und Winkel, sondern indem er die Räume durch Licht und Schatten aufbaute: Sie konnten jetzt tief werden. Er hat die abendländische Malerei revolutioniert wie keine andere Einzelperson; für ein halbes Jahrhundert gab es nur noch Caravaggisten.
Nichts davon bei Rembrandt. Bei ihm dienen Hell-Dunkel gerademal dem Bildaufbau.* Tiefe des Raumes? Ach, alles flach. Auch und gerade die Menschen sind flach! Was bei den Porträts nicht stört und nichteinmal auffällt, nimmt seinen szenischen Darstellungen alles Leben und - ja, das Wort muss gesagt werden - allen Ausdruck. Während die zeitgenössischen holländischen Landschaftsmaler die Linearperspektive durch Luft- und Farbperspektive ersetzten, um die Aufmerksamkeit von den Gegenständen abzuziehen und auf die ästhetische Gesamterscheinung zu lenken, verbannt Rembrandt die Perspektive gerade dort, wo sie immer hingehören wird - aus der Darstellung des wirklichen Lebens.
Ja ja, das ist sehr schematisch gesagt und man könnte es auch feinsinniger formulieren, aber dann würde es im allgemeinen Lobgesang untergehen."
*) Und als optischer Effekt.
JE
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