Freitag, 27. Februar 2015

III. Die Hinfälligkeit des Schönen.

Carl Rottmann, Sikyon mit Parnass 1838                                                                                                                aus Über Ästhetik, Rohentwurf, 19.

Das Schöne hört auf, Inbegriff des Ästhetischen zu sein in dem Maß, wie die Lebenswelt der Menschen immer mehr selbst nach ästhetischen Gesichtspunkten modelliert, entworfen, designed ist: Städte, Industrie... Denn nun wird immer mehr das nicht 'zweckmäßig'-Gestaltete zum ästhetisch Auffälligen. - Das Schöne ist zunächst der konventionelle Name für das ästhetisch-Ausgezeichnete ('Erhebliche'). In einer wilden, gegen menschliche Zwecke und die ihnen gemäße Form gleich- gültigen Umwelt – "Werden", später 'Natur' genannt - ist das nach den Gesetzen der Harmonie (als einem 'höheren', kosmischen Zweck!) Gestaltete dasjenige, das sich in ästhetischer Hinsicht auszeichnet vor gestaltlosem Rest. (Antike, orientalische, mittel- alterliche Gärten: geometrisch.)

- Das Verhältnis des Schönen zum Nicht-Schönen ist nicht ein Gegensatz (etwa "das Hässliche"), sondern ist der Unterschied von Figur und Grund (andernfalls könnte der Unterschied nicht graduell und relativ ausfallen). Das Nicht-Schöne ist das in ästhetischer Hinsicht Unausgezeichnete, Unerhebliche, das den Sinnen allzu Vertraute, das Gewöhnliche, Unbedeutende, Langweilige (das man jetzt auch das "Flache" nennt! Ob wohl vor Mitte des 18. Jahrhunderts das Wort seicht je in ästhetischer Bedeutung gebraucht wurde?). Das Wohlgeformte (=zweckmäßig mit oder ohne Zweck) - als der lebensweltliche Regelfall - wirkt mit dem Siegeszug der bürgerlichen ... buchstäblich an-ästhetisch! (cf. Allgegenwart von Design!) Wenn nun die (bürger- liche) Normalwelt (=die Stadt!) erwartungsgemäß hie nach praktischen Zwecken, da nach zwecklos-zweckmäßigen Regeln der Harmonie (französicher Garten) eingerichtet ist, dann wird das Bizarre, Schaurige, Zweckfremde, Wilde, Disproportionierte eben zum ästhetisch Ausgezeichneten: das Nicht-Gewöhnliche. "Können wir nicht wagen zu behaupten, daß sie einen guten Teil ihrer Schönheit gerade einem Mangel an Proportion verdanke?" sagt Edmund Burke über die Rose...

Zuerst Ablösung des französischen Gartens durch den englischen Claude-Lorrain-Garten; Wörlitz! Romantik; und schließlich wird auch das Häßliche "ästhetisch angesehen" (Rosenkranz).



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