Freitag, 26. August 2016
Der merkwürdige Schiele.
Schiele würde mir mit den Jahren immer merkwürdiger, habe ich kürzlich geschrieben.
Man sagt: Ein Expressionist, der vom Jugendstil herkommt. Dass er von Gustav Klimt herkommt, ist kaum zu übersehen. Aber ein Expressionist? Edvard Munch kam vom Jugendstil her und wurde zum Expressionisten, indem er nach und nach wegließ, was am Jugendstil Stil, Stilisierung und auch Manier gewesen ist, und den 'reinen Ausdruck' übrig behielt. Aber das hat lange gedauert, der Jugendstil schlägt immer wieder durch:
Munch, Die Mädchen auf der Brücke, 1927
Das kann man von Schiele nicht sagen. Nachdem er ihn einmal überwunden hatte, kommt er nicht darauf zurück. Allerdings: Das, was man beim Jugendstil die japanische Ästhetik nennen kann, das Verhältnis der Linien zu den Flächen und das Ungleichgewicht der Massen, das behält er bei:
Schiele, Kahler Baum hinter einem Zaun 1912
Hier ist es genau umgekehrt: Was Stil war am Jugendstil, das behält er bei, er verzichtet auf die dekorative Manier. Wo allerdings "Ausdruck" auf diesen Bildern zu finden wäre, kann ich nicht erkennen. Er ist das Gegenteil von einem Expressionisten, nämlich ein strenger Stilist, so streng wie selten einer.
Sie sehen aber: Ich halte mich an die Landschaften und Stadtveduten. Was ihn so populär gemacht hat, die pp. eroti-schen Bilder, ist mir völlig fremd. Was sehe ich darauf? Nichts, was ich, hélas, nicht schon längst wüsste: dass bei Gott nicht jeder Menschenkörper schön ist. Wenn er das zeigen wollte - es ist ihm gelungen. Das will ich ihm auch gönnen, aber darum muss ich es mir noch lange nicht anschauen.
Schiele, Herbstbaum in bewegter Luft, 1912
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