aus Die Presse, Wien; 27. Februar 2017, 19:40
Deutscher
Stahlbildhauer Alf Lechner gestorben
"Was keinen Widerstand bietet, interessiert mich nicht"
Ingolstadt – "Was keinen Widerstand bietet, interessiert mich nicht",
sagte der deutsche Stahlbildhauer Alf Lechner. Nun ist der eigenwillige
Künstler im Alter von 91 Jahren gestorben. Der Künstler sei am Samstag
im Alter von 91 Jahren in Dollnstein in Bayern gestorben, teilte die
Stadt Ingolstadt am Montag mit. Mit ihm verliere Ingolstadt eine
"herausragende Künstlerpersönlichkeit", hieß es in der Mitteilung.
Die Skulpturen des vielfach ausgezeichneten Bildhauers zieren unter
anderem das Münchner Maximilianeum, die Alte Pinakothek und den
Flughafen in München. Die Trauerfeier für Lechner soll am Sonntag im
Lechner Museum in Ingolstadt stattfinden.
Als einen der bedeutendsten deutschen Stahlbildhauer würdigte Simone
Schimpf, Direktorin des Museums für Konkrete Kunst in Ingolstadt, den
Künstler. "Dem tonnenschweren Stahl hat er alles nur Denkbare abgerungen
und immer wieder die Grenzen des Machbaren überwunden." Lechner habe
eine "einzigartige, in sich stimmige Formen- und Materialsprache
hinterlassen".
"Mein ganzes Lebensziel ist die Einfachheit. In der Einfachheit steckt
so viel Kompliziertes, dass man gar nicht einfach genug sein kann",
sagte der Künstler einmal. Am 17. April 1925 war Lechner in München auf
die Welt gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verdiente der gelernte
Schlosser seinen Lebensunterhalt zunächst als Industriedesigner. Seine
ersten abstrakten Stahlskulpturen fertigte er quasi im Nebenberuf.
Erst als er genügend Geld verdient hatte, wagte Lechner den Sprung in
die freie Künstlerexistenz. Seine erste Ausstellung hatte er 1968. Von
1970 an folgten großformatige Skulpturen, welche zunehmend an
öffentlichen Orten auch in Deutschland zu sehen waren. Lechners
künstlerisches Motto war: "Was keinen Widerstand bietet, interessiert
mich nicht." (APA, 27.2.2017)
Nota. - Diese Stücke haben eine sozusagen 'größere' dritte Dimension als, sagen wir, die von Giacometti, denn man kann nicht nur um sie herumgehen, sondern muss es gewissenmaßen: Sie stehen auf öffentlichem Grund, sie stehen im Weg, wenn man sie selbst nicht wahrnimmt, muss man ihnen doch ausweichen; das Format machts nötig: Für geschlossene Räume sind die Sachen zu sperrig.
Das spitzt die Frage, für wen der zeitgenössische Künstler bildet, zu und lenkt sie vom präsumtiven Käufer ab: Kunst im öffentlichen Raum muss von Behörden bezahlt, von gewählten Vertretern abgesegnet und - vor allem - von jedermann angeschaut werden, und auch, wer noch nie im Museum war, kann ausrufen: "Ist denn das überhaupt noch Kunst?"
Ein Werk, das massenhaft Leute zu dieser Frage anregt und sie auffordert, noch einmal genauer hinzusehen, ist künstlerisch gerechtfertigt; egal, wie man es schließlich geschmacklich bewertet. (Merke: Ein rein dekoratives Stück gäbe zu einer solchen Frage keinen Anlass.)
Ein Maler kann sowas nicht.
JE
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