aus einem Kommentar
'Mehr
Ethik - weniger Ästhetik': Die Losung ist verständlich in einer Zeit,
wo so viele Architekten den Ehrgeiz haben, als große Künstler in die
Geschichte einzugehen, und zu diesem Behuf die Architektur für eine Kunstgattung
halten müssen. Ein Architekt ist weniger Künstler als der
Industriedesigner: Der hat einen Ingenieur, der ihm die Hauptsorge um
das Funktionale abgenommen hat, noch bevor er erfahren hat, was er
überhaupt tun soll. Der Architekt ist obendrein sein eigner Ingenieur,
wenn er das Funktionale nicht selbst beherrscht, braucht er sich übers
Ästhetische gar nicht erst den Kopf zu zerbrechen.
Alterszentrum und Joan-Oliver-Bibliothek im Sant-Antoni-Quartier in Barcelona, 2007
Vor dem Künstler hat er aber diesen einen großen Vorteil: Er zerbricht sich übers Ästhetische aus gutem Grund den Kopf. Für den bildenden Künstler ist es heute vollkommen gleichgültig, was er ästhetisch 'meint': Anything goes. Es war alles schonmal da, eines ist so berechtigt wie alles andere, im Zweifelsfall setzt man ein verfremdendes Moment hinzu, und schon geht's wieder. Das ist das Erzproblem des modernen Künstlers: dass er keine ästhetischen Probleme zu lösen hat! Man erkennt es daran, dass so viele neuere Werke mit Untitled betitelt sind; genausogut könnte darunterstehen: "Was Besseres ist mir nicht eingefallen."
Openair-Bereich des La-Lira-Theaters in Ripoll
Das braucht dem Architekten nicht zu widerfahren, wenn er nur irgend Geschmack hat. Und wenn er natürlich das Handwerk versteht: Denn anders als der Designer ist er sein eigener Ingenieur, die Probleme, die die Funktion stellt, stellt sie ihm; und - das ist der Witz - er kann sie von Anbeginn gar nicht anders formulieren, als (unter anderm) ästhetisch. Da kann der Maler, kann der Bildhauer nur neidisch werden.
29.7.2016
Sportanlage in Olot bei Girona,.
Sportanlage in Olot bei Girona,.
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