aus scinexx
Älteste Handabrücke der Welt entdeck
Höhlenmalereien auf Sulawesi erweisen sich als ähnlich alt wie bekannte Beispiele aus Europa
Steinzeitkunst am anderen Ende der Erde: Auf Sulawesi haben Forscher die ältesten Höhlenmalereien Asiens entdeckt – und den ältesten Handabdruck eines Steinzeit-Menschen überhaupt. Bisher kannte man Steinzeitkunst dieser Art nur aus Europa. Dies könnte darauf hindeuten, dass unsere Vorfahren die Fähigkeit zum künstlerischen Ausdruck schon aus Afrika mitbrachten, so die Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature".
Ob in der Höhle von Lascaux oder der El Castillo-Höhle in Spanien: Die Höhlenmalereien unserer Vorfahren zeugen davon, dass sich der Mensch schon vor rund 40.000 Jahren in Bildern und Symbolen ausdrückte. "Felskunst ist eine der ersten Indikatoren eines abstrakten Geistes – ein Anzeichen für das Entstehen des menschlichen Geistes, wie wir ihn kennen", erklärt Koautor Thomas Sutikna von der University of Wollongong in Australien.
Wann jedoch der Mensch diese Kulturtechnik entwickelte, ist bisher
unklar. In Europa stammen die ältesten Höhlenmalereien aus der Zeit vor
rund 40.000 Jahren. Seltsamerweise schien es in Asien jedoch keine
vergleichbar alten Funde von Steinzeitkunst zu geben – obwohl der Homo
sapiens auch dort schon seit mindestens 50.000 Jahren verbreitet war.
Handabdrücke und fruchtfressende Hirsche
Doch jetzt schließt eine Datierung von insgesamt 14 verschiedenen Höhlenmalereien im Maros-Karstgebiet auf der Insel Sulawesi diese Lücke. In den Höhlen dieses Gebiets existieren zahlreiche Felszeichnungen, viele davon menschliche Handumrisse, die durch Aufsprühen von Farbe auf die auf dem Fels liegende Hand erzeugt wurden. Einige Höhlenbilder zeigen aber auch naturalistische Zeichnungen von einheimischen Tieren, darunter Zwergrindern, Warzenschweinen und einer fruchtfressenden Hirschart, wie Maxime Aubert von der Griffith University in Gold Coast und ihre Kollegen berichten.
Weil diese Höhlenmalereien aber stark zersetzt und verwittert sind, war es bisher kaum möglich, sie genauer zu datieren. Die Forscher lösten dieses Problem nun, indem sie für zwölf Handabdrücke und zwei Tierzeichnungen die direkt auf und unter den Zeichnungen liegenden Mineralablagerungen, das sogenannte Höhlenpopcorn, mittels Uran-Datierung analysierten.
Zugleich an beiden Enden der Erde
Das Ergebnis war überraschend: Der älteste Handabdruck in einer der Maros-Höhlen war bereits 39.900 Jahre alt. "Dies ist damit der älteste Beleg für die Anwesenheit des Menschen auf Sulawesi – und das älteste bekannte Beispiel für diese weitverbreitete Kunstform", konstatieren Aubert und ihre Kollegen. Der Handabdruck befindet sich in der Höhle Leang Timpuseng an einer vier Meter hohen Decke und ganz in der Nähe einer unvollständigen Zeichnung einer fruchtfressenden Hirschkuh.
Ein ähnliches Bild eines solchen Hirsches in einer benachbarten Höhle datierten die Forscher auf immerhin 35.700 Jahre. Damit ist dieses eines der ältesten bekannten Tierdarstellungen weltweit, wie die berichten. Aus der Alters-Spannbreite der 14 Höhlenmalereien lässt sich schließen, dass Menschen in dieser Region Sulawesis mindestens 13.000 Jahre lang immer wieder Felswände in Höhlen und Nischen nutzten, um ihrer Kunst Ausdruck zu geben.
Felskunst schon in Afrika?
"Bisher nahm man meist an, dass Europa das Zentrum der frühen Höhlenkunst war", sagt Aubert. "Aber unsere Funde auf Sulawesi zeigen nun, dass zur gleichen Zeit auch Menschen am anderen Ende der Welt Bilder von Tieren schufen, die genauso bemerkenswert sind wie die in den Höhlen von Frankreich und Spanien." Nach Ansicht der Forscher gibt es dafür zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder haben die Vorfahren der heutigen Bewohner Südostasiens diese Kunst unabhängig von ihren europäischen Verwandten entwickelt.
Oder aber die Wurzeln dieser Kreativität liegen noch deutlich weiter zurück: "Vielleicht wurde diese Kunst schon von den ersten anatomisch modernen Menschen praktiziert, die Afrika verzehntausende von Jahren vor Entstehung der ältesten bekannten Höhlenmalereien", so die Forscher. Sollte dies der Fall sein, dann könnten sich in Höhlen und Felsunterständen Afrikas und Asiens noch viele unentdeckte Zeugnisse dieser Höhlenkunst verbergen. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13422)
Handabdrücke und fruchtfressende Hirsche
Doch jetzt schließt eine Datierung von insgesamt 14 verschiedenen Höhlenmalereien im Maros-Karstgebiet auf der Insel Sulawesi diese Lücke. In den Höhlen dieses Gebiets existieren zahlreiche Felszeichnungen, viele davon menschliche Handumrisse, die durch Aufsprühen von Farbe auf die auf dem Fels liegende Hand erzeugt wurden. Einige Höhlenbilder zeigen aber auch naturalistische Zeichnungen von einheimischen Tieren, darunter Zwergrindern, Warzenschweinen und einer fruchtfressenden Hirschart, wie Maxime Aubert von der Griffith University in Gold Coast und ihre Kollegen berichten.
Weil diese Höhlenmalereien aber stark zersetzt und verwittert sind, war es bisher kaum möglich, sie genauer zu datieren. Die Forscher lösten dieses Problem nun, indem sie für zwölf Handabdrücke und zwei Tierzeichnungen die direkt auf und unter den Zeichnungen liegenden Mineralablagerungen, das sogenannte Höhlenpopcorn, mittels Uran-Datierung analysierten.
Zugleich an beiden Enden der Erde
Das Ergebnis war überraschend: Der älteste Handabdruck in einer der Maros-Höhlen war bereits 39.900 Jahre alt. "Dies ist damit der älteste Beleg für die Anwesenheit des Menschen auf Sulawesi – und das älteste bekannte Beispiel für diese weitverbreitete Kunstform", konstatieren Aubert und ihre Kollegen. Der Handabdruck befindet sich in der Höhle Leang Timpuseng an einer vier Meter hohen Decke und ganz in der Nähe einer unvollständigen Zeichnung einer fruchtfressenden Hirschkuh.
Ein ähnliches Bild eines solchen Hirsches in einer benachbarten Höhle datierten die Forscher auf immerhin 35.700 Jahre. Damit ist dieses eines der ältesten bekannten Tierdarstellungen weltweit, wie die berichten. Aus der Alters-Spannbreite der 14 Höhlenmalereien lässt sich schließen, dass Menschen in dieser Region Sulawesis mindestens 13.000 Jahre lang immer wieder Felswände in Höhlen und Nischen nutzten, um ihrer Kunst Ausdruck zu geben.
Felskunst schon in Afrika?
"Bisher nahm man meist an, dass Europa das Zentrum der frühen Höhlenkunst war", sagt Aubert. "Aber unsere Funde auf Sulawesi zeigen nun, dass zur gleichen Zeit auch Menschen am anderen Ende der Welt Bilder von Tieren schufen, die genauso bemerkenswert sind wie die in den Höhlen von Frankreich und Spanien." Nach Ansicht der Forscher gibt es dafür zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder haben die Vorfahren der heutigen Bewohner Südostasiens diese Kunst unabhängig von ihren europäischen Verwandten entwickelt.
Oder aber die Wurzeln dieser Kreativität liegen noch deutlich weiter zurück: "Vielleicht wurde diese Kunst schon von den ersten anatomisch modernen Menschen praktiziert, die Afrika verzehntausende von Jahren vor Entstehung der ältesten bekannten Höhlenmalereien", so die Forscher. Sollte dies der Fall sein, dann könnten sich in Höhlen und Felsunterständen Afrikas und Asiens noch viele unentdeckte Zeugnisse dieser Höhlenkunst verbergen. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13422)
(Nature, 09.10.2014 - NPO)
aus nzz.ch, 9. 10. 2014
... Das älteste Mindestalter ergab sich für ein Handnegativ in der Höhle Leang Timpuseng: 39'900 Jahre. Es ist damit die weltweit älteste figürliche Darstellung überhaupt. Das Motiv befand sich an der Decke einer vier Meter hohen Höhle, ganz in der Nähe einer Tierdarstellung, eines weiblichen Babirusa (Hirscheber), mit einem Mindestalter von 35'400 Jahren. Ähnlich alt ist ein Hirscheber in der Nachbarhöhle Leang Barugayya; ein Handnegativ in der Höhle Leang Jarie ist 39'400 Jahre alt. Die Datierung der jeweils unter den Darstellungen liegenden Sinterschichten ergab für alle Darstellungen ein Höchstalter von 100'000 Jahren. Das tatsächliche Alter der Felskunst könnte deshalb laut Aubert auch höher als die ermittelten Mindestalter sein – nur beweisen lässt sich das nicht.
Das offenbar sehr hohe Alter der Felskunst in Indonesien wirft Fragen auf: Wo und wann entstand sie? Die australischen Forscher sind überzeugt, dass die Kunst bereits zum kulturellen Repertoire des modernen Menschen gehörte, als er sich vor über 40'000 Jahren in diese Weltregion ausbreitete. Dafür spreche das Auftreten von Handnegativen zusammen mit grossen Jagdtieren an Höhlenwänden in Südostasien und Nordaustralien, auch wenn diese gemäss Will Roebroeks von der Universität Leiden nach bisherigen Erkenntnissen höchstens 30'000 Jahre alt sind.
Europa als Zentrum
Bisher galt Europa als Zentrum der menschlichen Kreativität. Die Felskunst soll sich hier von einfachen geometrischen Motiven zu farbenprächtigen, naturalistischen Tierbildern wie in Altamira in Spanien oder Lascaux in Frankreich entwickelt haben. Als älteste europäische Kunstäusserung gilt mit 40'800 Jahren ein runder roter Fleck in der spanischen Höhle El Castillo; die elaborierten europäischen Tierfriese sind um 20'000 Jahre alt. Hat sich Kunst eigenständig in den verschiedenen Weltregionen entwickelt? Diese Meinung vertritt Nicholas Conard von der Universität Tübingen, ein Spezialist für paläolithische Kunst.
Die neuen Datierungen von Sulawesi lassen Maxime Aubert aber eher vermuten, dass Homo sapiens bereits mit der symbolischen Mitteilungsform vertraut war, als er sich irgendwann vor zwischen 100'000 und 70'000 Jahren von Afrika aus aufmachte, den Erdball zu erobern. Der Beweis für diese These stehe aber noch aus.
aus nzz.ch, 9. 10. 2014
... Das älteste Mindestalter ergab sich für ein Handnegativ in der Höhle Leang Timpuseng: 39'900 Jahre. Es ist damit die weltweit älteste figürliche Darstellung überhaupt. Das Motiv befand sich an der Decke einer vier Meter hohen Höhle, ganz in der Nähe einer Tierdarstellung, eines weiblichen Babirusa (Hirscheber), mit einem Mindestalter von 35'400 Jahren. Ähnlich alt ist ein Hirscheber in der Nachbarhöhle Leang Barugayya; ein Handnegativ in der Höhle Leang Jarie ist 39'400 Jahre alt. Die Datierung der jeweils unter den Darstellungen liegenden Sinterschichten ergab für alle Darstellungen ein Höchstalter von 100'000 Jahren. Das tatsächliche Alter der Felskunst könnte deshalb laut Aubert auch höher als die ermittelten Mindestalter sein – nur beweisen lässt sich das nicht.
Das offenbar sehr hohe Alter der Felskunst in Indonesien wirft Fragen auf: Wo und wann entstand sie? Die australischen Forscher sind überzeugt, dass die Kunst bereits zum kulturellen Repertoire des modernen Menschen gehörte, als er sich vor über 40'000 Jahren in diese Weltregion ausbreitete. Dafür spreche das Auftreten von Handnegativen zusammen mit grossen Jagdtieren an Höhlenwänden in Südostasien und Nordaustralien, auch wenn diese gemäss Will Roebroeks von der Universität Leiden nach bisherigen Erkenntnissen höchstens 30'000 Jahre alt sind.
Europa als Zentrum
Bisher galt Europa als Zentrum der menschlichen Kreativität. Die Felskunst soll sich hier von einfachen geometrischen Motiven zu farbenprächtigen, naturalistischen Tierbildern wie in Altamira in Spanien oder Lascaux in Frankreich entwickelt haben. Als älteste europäische Kunstäusserung gilt mit 40'800 Jahren ein runder roter Fleck in der spanischen Höhle El Castillo; die elaborierten europäischen Tierfriese sind um 20'000 Jahre alt. Hat sich Kunst eigenständig in den verschiedenen Weltregionen entwickelt? Diese Meinung vertritt Nicholas Conard von der Universität Tübingen, ein Spezialist für paläolithische Kunst.
Die neuen Datierungen von Sulawesi lassen Maxime Aubert aber eher vermuten, dass Homo sapiens bereits mit der symbolischen Mitteilungsform vertraut war, als er sich irgendwann vor zwischen 100'000 und 70'000 Jahren von Afrika aus aufmachte, den Erdball zu erobern. Der Beweis für diese These stehe aber noch aus.
¹ Nature 514, 170–171 und 223–227 (2014).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen