Zum Tod von René Burri
Der Mann mit dem abseitigen Blick
von Andrian Kreye
Schon sein allererstes Foto sollte später in die Geschichte
eingehen: Als 13-Jähriger fotografierte René Burri Winston Churchill 1946 in einer offenen Limousine. Später porträtierte er Che Guevara und Pablo Picasso. Jetzt ist der Schweizer Fotograf gestorben. Es gibt zwei historische Bilder des argentinischen Helden der kubanischen Revolution Che Guevara. Das eine ist von 1963 und wurde von dem Schweizer Fotografen René Burri gemacht, der nun am Montag gestorben ist.
Es zeigt Che schon in der Pose des Herrschers. Er war zu diesem
Zeitpunkt Industrieminister, saß schlecht gelaunt in den Räumen seines
Amtes, zwischen seinen Lippen eine Cohiba-Zigarre.
Alberto KordaDas andere Bild entstand drei Jahre zuvor, da war die Revolution
noch jung und der kubanische Fotograf Alberto Korda porträtierte Che als
Helden, die kampfmüden Augen unter dem Barett in die Weite gerichtet.
Burri und Korda trafen sich Jahre später einmal. Korda brachte seinem
Schweizer Kollegen einen Abzug mit, unter den er geschrieben hatte: "von
Deinem Freund Korda, dem Schöpfer des, wie Du zugeben musst,
berühmtesten Fotos von Che". Kordas Bild war ja zu einem Heiligenbild
der 68er geworden, zierte unzählige T-Shirts und Poster.
Später revanchierte sich Burri mit einem Abzug seines Bildes: "von
Deinem Freund Burri, dem Schöpfer des, wie Du zugeben musst, besten
Fotos von Che".
die Callas
Schon sein erstes Bild sollte später in die Geschichte eingehen
Als René Burri das Che-Foto aufnahm, war er selbst längst
berühmt. Schon sein allererstes Foto sollte später als Meisterwerk in
die Geschichte der Fotografie eingehen. Das hatte er als 13-Jähriger
aufgenommen, als ihm sein Vater seine Kamera in die Hand drückte und er 1946 Winston Churchill fotografierte, wie er aufrecht in einer offenen Limousine stehend durch Zürich fuhr.
Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit dem umfangreichen Foto-Essay "Die Deutschen", das er 1957 begann und bis 1997
immer wieder ergänzte und erweiterte. Als neutraler Schweizer konnte er
ungehindert beide Teile Deutschlands bereisen. Es war ein
schonungsloser Blick, den er da auf die besiegte, geteilte und in sich
zerrissene Nation warf. Als die erste Ausgabe seines Buches 1962
erschien, wurde er in New York, Paris und London gefeiert. In
Deutschland haben sie ihn dafür gehasst. Tiefe Müdigkeit und bleischwere
Tristesse lasteten auf Burris Deutschland, Trümmer und jene freudlose
Architektur der Nachkriegsjahre ließen nicht einen Hauch von Wärme zu.
Für Magnum bereiste René Burri die Welt. Er dokumentierte viele
der großen Kriege und historischen Ereignisse. Berühmt wurden aber meist
seine Bilder mit den abseitigen Blicken, den exemplarischen, nicht den
historischen Momenten. Er porträtierte die Großen seiner Zeit wie Pablo
Picasso, Alberto Giacometti und Le Corbusier, drehte Dokumentarfilme
über China, über den Sechstagekrieg und über Gastarbeiter in der
Schweiz. Nun ist er in Zürich an einem Krebsleiden gestorben. Er wurde 81 Jahre alt.
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