Sonntag, 25. Januar 2015

Jan Brueghels Himmelsglobus.

 aus Der Standard, Wien,  25. Jänner 2015, 12:00

Außergewöhnliches Kunstkammerzitat
In einem Brueghel-Gemälde wurde ein spezieller Himmelsglobus verewigt, eines der sechs bekannten Exemplare befindet sich in Wien

von Olga Kronsteiner,

Gemessen an den monetären Erwartungen, mag die Allegorie des Feuers von Jan Brueghel dem Jüngeren nur eines unter vielen Altmeistergemälden sein, die kommende Woche (ab 27. 1.) in New York zur Auktion gelangen und insgesamt um die 100 Millionen Dollar einspielen könnten.

Mit 1,2 bis 1,6 Millionen Dollar beziffern Sotheby's-Experten den erzielbaren Wert, wobei der historische beachtlicher ist, als man auf den ersten Blick annehmen würde, wie Recherchen belegen. Die Szenerie zeigt Venus, die ihren Ehemann Vulkan in seiner Werkstatt besucht, der Waffen für ihren Sohn Aeneas hergestellt hat und ihr diese nun überreicht.

Dass Venus von späterer Hand, wie es der Fachjargon beschreibt, "bekleidet" wurde, sei nur am Rande erwähnt. Thematisch steht die Allegorie des Feuers in den unterschiedlichsten Ausprägungen im Mittelpunkt: sei es über gewöhnliche und luxuriöse Waffen und Rüstungen, "militärische aber auch Turnierrüstungen", erklärt Matthias Pfaffenbichler (Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer, KHM), europäischer, aber auch asiatischer Herkunft; sei es über die im rechten Bilddrittel versammelten Kunstschmiedearbeiten, Pokale und Schalen aus Gold und Silber, Juwelen sowie wissenschaftliche Instrumente.

Jan Brueghel d. J., Vulkan übergibt Venus die Waffen für Aeneas

Zu letzterer Kategorie gehört neben einer astronomischen Uhr auch der in seiner Konstruktion auffällige Globus. "Ein mechanischer, über ein Uhrwerk im Sockel angetriebener, der drei astronomische Modelle vereint" , präzisiert Jan Mokre (Direktor der Kartensammlung und des Globenmuseums, ÖNB): unten der Erd-, mittig der Himmelsglobus, bekrönt von einer Armillasphäre. Ein Modelltyp, der Gelehrsamkeit und Wohlstand symbolisierte, ein Analogon zur Erklärung der Welt, das über seine Funktion beeindruckte. In Museumsbeständen haben sich sechs Ausführungen dieses Globentypus erhalten, die in Zusammenarbeit von Georg Roll (Unternehmer) und Johannes Reinhold (Uhrmacher) in Augsburg entstanden waren.

Den allerersten erwarb Rudolf II. 1584, den zweiten sein Bruder. Mit 1500 Talern war das an Ernst von Österreich verkaufte Exemplar allerdings teurer, der empörte Kaiser vermutete schlechtere Qualität. Da er also "mit faulen fischen umgangen sey", ließ er Roll vom Augsburger Rat einsperren. Dabei, rechtfertigte sich der Händler, sei der günstigere Preis doch im Hinblick auf etwaige Folgegeschäfte kalkuliert worden.

Das Wiener Exemplar, gebaut 1584 in Augsburg

Der Überlieferung nach wurden die Globen wohl getauscht, ob vor Ernsts Tod 1595 in Brüssel oder danach ist ungewiss. Das ursprünglich an Rudolf II. verkaufte Exemplar befindet sich seit 1865 im Victoria and Albert Museum (London), inklusive restaurierter Blessuren, die einer der Standfüße der prunkvollen Halterung aus feuervergoldeter Bronze 1977 im Zuge eines versuchen Diebstahls abbekommen hat.
Der einst teurere Globus fand im Kunstkammerbestand in Wien seine Heimat. Im Vergleich zu den anderen gehört diese mit den 49 gemalten Sternenbildern zu den am reichsten geschmückten Ausfertigungen. Dazu ist der "Wiener" der einzig erhaltene Globus mit Bemalung, die anderen sind vergoldet. Allerdings, schränkt Paulus Rainer (Stv. Leiter der Kunstkammer, KHM) ein, wird dieser von einer Figur der Astronomia mit beweglicher Windfahne bekrönt und nicht mit einer Armillasphäre. Die einzig bekannte Ausführung mit einer solchen "Weltmaschine" befindet sich in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden (Mathematisch-Physikalischer Salon) und wurde laut Oberkustos Wolfram Dolz 1586 von Kurfürst Christian I. von Sachsen erworben.


Jan Brueghel d. Ä., Das Gehör, aus der Reihe Die Fünf Sinne; Figuren von Rubens
Handelt es sich bei dem von Jan Brueghel dem Jüngeren verewigten Himmelsglobus mit silberner im Gegensatz zur goldenen Oberfläche um ein der Fachwelt bislang unbekanntes Exemplar? Paulus Rainer wähnt ein Zitat und verweist auf ein im Prado (Madrid) beheimatetes Gemälde von Vater Jan Brueghel dem Älteren. Es ist Teil des im Auftrag des Brüsseler Erzherzogs Albrecht 1617/18 entstandenen Zyklus der fünf Sinne und thematisiert das Gehör, wobei Peter Paul Rubens die Figuren beisteuerte.
In einem Brief an seinen Gönner Kardinal Federico Borromeo hatte Jan Brueghel der Ältere jedenfalls betont, dass er bei dieser Serie "alles nach dem Leben" und natürlichen Modellen ausgeführt habe.

Jan Brueghel d. Ä., Das Gehör; Ausschnitt, Originalgröße

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen