Dienstag, 19. November 2013
Wenige Zeilen über C. D. Friedrich.
Meine Serie Landschaft - die Entbindung des Ästhetischen sollte eigentlich bis ins frühe zwanzigste Jahrhundert fortgeführt werden, und so ganz und gar habe ich den Plan immer noch nicht aufgegeben, denn sie ist seinerzeit viel besucht worden. Aber es kommen immer andere Sachen dazwischen; so wie etwa die Löschung meiner früheren Google-Blogs, die mich zwingt, alles wieder von vorn anzufangen.
Nach C. D. Friedrich habe ich dann doch nicht mehr über die deutschen Romantiker geschrieben, weil zwar bei ihnen die Landschaft zum Kardinalthema wurde, aber kaum zum Anlass, die Malerei aus ihrer Verstrickung in mondäne, außerästhetische Themen herauszulösen. Am ehesten könnte man das noch bei Carl Blechen erkennen wollen, aber so evident, dass ich es rundheraus behaupten wollte, ist es nicht. Also habe ich bei Friedrich erstmal Schluß gemacht.
Dass ich die dreieinhalb Zeilen heute noch einmal bringe, soll nur meinen guten Willen zeigen, die Serie (irgendwann) doch noch fortzusetzen.
Als nächste wären wohl die deutschen Romantiker dran. Nicht wegen ihres besonderen Beitrags zur Freisetzung des Ästhetischen durch die Entbindung der Malerei aus ihren thematischen Vorgaben, sondern vielmehr – weil sie gerade keinen geleistet haben.
Beginnen wir bei dem berühmtesten:
Caspar David Friedrich
Man muss gar nicht wissen, dass Friedrich einer mystisch-pantheistischen Weltanschauung anhing und ihm ‘die Natur’ als diesseitiges Antlitz Gottes galt – man sieht es ja auf seinen Bildern. Es geht ihm offenbar nicht darum, die Natur so malen, ‘wie sie wirklich aussieht’, und es ging ihm nicht darum, ein ‘schönes Bild’ zu komponieren. Er will etwas zeigen, das den geschäftigen Blicken des Alltags verborgen bleibt, und die Malweise (vgl. die Lichtstudie im untersten Bild) dient dem Zweck, es auf der Leinwand sichtbar zu machen. Er malt die Natur nicht so, wie sie erscheint, sondern als etwas, das hinter ihr steht.
Darum kommen die Menschen auf seinen Bildern eigentlich nicht vor. Bei Claude erschienen sie nur als Staffage und als mythologischer Vorwand für ein triviales Landschaftsgemäde. Bei Corot erfüllen sie später nur eine optische Funktion. Wenn auf Friedrichs Bildern mal ein Mensch vorkommt, dann klein vor einer großen Landschaft, reglos und von hinten: Sie ‘stehen für’ den Bildbetrachter selbst, allein und der Natur gegenüber, und von ihr überwältigt. Und noch lieber würzt er seine Tableaux mit verrottendem Menschenwerk, das an unsere Vergänglichkeit erinnert.
Mit andern Worten, Friedrich frömmelt altmodisch wie die Maler des Mittelalters. Im neunzehnten Jahrhundert geriet er bald in Vergessenheit, und seine Verklärung zum “deutschen” Maler im Dritten Reich hat er nicht wirklich verdient. Aber weltanschaulich ist seine Kunst, das macht sie fungibel, und auch für andere Zwecke als die seinen. Eine neue, verstohlene Popularität gewann sie im Umwelt-, Ganzheits- und Gesundheitskitsch der Achtziger Jahre, und das war so unverdient nicht.
Die heikle Nähe zum Kitsch macht freilich den besonderen modernen Reiz von Friedrichs Bildern aus: Man muss aus ironischer Distanz ‘über sie wegsehen’, um ihre ästhetische Qualität wahrzunehmen. Man muss abstrahieren; im Anschauen reflektieren. Das Modernste [nämlich Romantischste] an Friedrich ist etwas, das er ganz bestimmt nicht beabsichtigt hat.
•Juli 8, 2010 •
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