Samstag, 28. September 2013

Kommt Kunst vor Ästhetik?

...gar nicht um Ästhetik, sondern um Kunst. Wenn sie auch beide "irgendwie" miteinander zu tun haben, sind sie doch nicht dasselbe. Wohl hat in unserer Geschichte erst das Kunstschöne die Augen für das Naturschöne geöffnet, weshalb sich die Landschaftsmalerei erst im bürgerlichen Zeitalter entfalten konnte. Aber 'das, was' die Kunst an der Natur Schönes zu sehen lehrte, hatte sie nicht selbst gemacht, sondern nur aufgefunden. Sie hat uns ein Auge nicht erst eingesetzt, sondern lediglich unsern Blick gewendet.


Es muss also möglich sein, was Kunst ist, zunächst historisch zu fassen, wo wir diskursiv und zwingend argumentieren dürfen, bevor wir ihr Verhältnis zu 'dem Ästhetischen' betrachten, über das wir nur in Bildern reden können. Daraus mag erhellen, ob ihr Verhältnis außer einem historisch-kontingenten auch ein sachlich notwendiges ist.

Und hier kann ich mich glücklicherweise kurz fassen: Kunst ist das, was Künstler machen. Kunst wird dann zu einer kulturgemeinschaftlichen Instanz - über die eo ipso öffentlich gestritten werden kann -, wenn sich ein gesellschaftlicher Stand ausbildet, der von der Kunst und - da es sie anders nicht gäbe - für die Kunst lebt. Das kann er nur, wenn und weil 'das Ästhetische' in der Kultur neben dem Brauchbaren schon ein eignes Gewicht angenommen hat. Das Ästhetische entsteht nicht aus der Kunst, sondern aus den höheren Bedürfnissen, sobald die niederen Bedürfnisse erst einmal besorgt sind. (Dass die höheren Bedürfnisse zunächst nur die Bedürfnisse der oberen Klassen sind, gehört zu den Tücken unserer selbstgemachten Geschichte.) Erst dann kann sich die Produktion des Schönen oder sonstwie ästhetisch Erheblichen neben der und gegen die Produktion von Brauchbarem als besondere Erwerbsweise festsetzen; als Kunst im Unterscheid und im bestimmten Gegensatz zur Arbeit.



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