Montag, 9. September 2013

Kunst kommt von Künstler.

24.
 
Oskar Becker, Von der Abenteuerlichkeit des Künstlers...[Alexander-Verlag, Berlin 1994]

[hat das Verdienst, das Wesen der ‚Kunst’ nicht aus dem Werk zu bestimmen, sondern aus dem Künstlertum!]
  
a) Der Künstler sei die ‚eigentlichste’ Gestaltung des Menschen - weil er jederzeit vom Mißlingen bedroht ist. (‚Der Mensch’ ist bei Becker, wie bei allen Heideggerianern, der bürgerliche Mensch; ist auch richtig, insofern dieser in jenem endlich „seine Bestimmung gefunden“ hat.)
  
b) Das Ästhetische ist darum die geheimnisvollste Region des Geistes, weil darin sein (absurder) Symbolismus am unmittelbarsten, nämlich anschaulich erscheint: Daß die Dinge, außer dem, wie sie erscheinen, auch noch Etwas bedeuten sollen (tiens: so ‚fast wörtlich’ bei Lotze, Ästhetik, §§ 5-7! Daß allerdings diese vorgängige Annahme auf der Sprachlichkeit unseres Bewußtseins beruht, steht bei ihm natürlich nicht.); so daß „eigentlich“ das Ding nur ein Zeichen für seine Bedeutung ist: ‚Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis’ - à supposer: für das Unvergängliche, welches es „bedeutet“ (Faust II, Schluß). Wobei sich die Frage einschleicht: Wer hat die Dinge „bedeutet“?! -
 
Das ästhetische Erleben hat die Eigentümlichkeit, daß die „Erscheinungen“ unmittelbar als bedeutsam ‚erlebt’ werden; nämlich die einen als „bedeutsamer“ als die andern - das, was herkömmlich Schönheit genannt wurde. (Es ist die Frage „Was soll das bedeuten?“, die das Werk zu einem Kunstwerk macht.)

(Das ästhetisch-Bedeutsame wurde so lange als schön bezeichnet, um nicht zu sagen: „definiert“ 
{Allein das Schöne wurde so lange als ästhetisch-bedeutsam empfunden…}, als allgemein die Erwartung herrschte, das ästhetische Erleben habe eine Aufgabe zu erfüllen: nämlich Erscheinung und Bedeutung (anschaulich!) „zur Übereinstimmung zu bringen“; „Einheit von Form und Inhalt“, wie das völlig bedeutungsleer bei Hegel ausgedrückt ist. Hingegen wird seit der Romantik zunehmend „hingenommen“, wenn die Erscheinung („Stoff“) ihre Bedeutung („Idee“) verfehlt (desavouiert: Ironie) und beide unvereint neben einander stehen bleiben. Seit zugegeben wird, daß auch der Zwiespalt ästhetisch bedeutsam ist, ja bedeutsamer gar als die Harmonie, hört ‚das Schöne’ auf, „Maß und Substanz“ des Ästhetischen zu sein. (Rosenkranz, Ästhetik des Häßlichen: rein phänomenale Registratur, aber er erkennt, daß eben nicht allein das Schöne Inhalt der Ästhetik ist.)
 
Seither kann eingesehen werden: Nicht das Häßliche sei der Gegensatz des Schönen, sondern das Langweilige, das Bedeutsame vs. das Triviale. (ders. Becker, Baudelaire, S. 31)
 
Bild: Mentor Huebner, Selbstporträt, 1946

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