Dienstag, 10. September 2013
Sapere aude.
Sapere aude – wage Wissen.
Hübsch übersetzt, was? Aber nicht ganz korrekt. Denn sapere heißt wohl mehr oder doch anderes als bloß wissen – im Sinne von sachlicher Kenntnis. In sapientia klingt es durch: Das bedeutet vielmehr Weisheit als Informiertheit.
Etymologie ist nicht Logik. Aber in der Geschichte der Wortbedeutungen scheint die Herkunft unserer Urteilsgründe, der Qualitäten, auf. Denn zu sapere findet sich nicht nur das Nomen sapientia, sondern auch das Nomen sapor, Geschmack. Und während sapientia für jedes Ohr hörbar aus sapere abgeleitet ist, hört jedes Ohr auch gleich, dass sapere die Verbalform von – sapor ist.
Im Französischen gibt es die befremdende Nähe von le savoir und la saveur, von savoir und savourer.
Im Althochdeutschen gab es das Verb int-sebben, das ohrenscheinlich aus derselben gemeinsamen indogermanischen Wurzel stammt, und das bedeutete ‘mit den Sinnen, bes. dem Geschmacke, wahrnehmen’.
Sapere aude bedeutet daher ursprünglich nicht: ‘Wage zu wissen, was dir dadurch verbürgt ist, dass jeder Andere es auch wissen kann’; sondern bedeutet:
Wage dein eignes Geschmacksurteil!
Da muss sich der Homo sapiens aber noch ein bissel ranhalten, wenn er sich seinen Namen verdienen will.
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